Mit Abschluss des Vertrages verpflichtet sich der Werkunternehmer, die geschuldete Leistung zum vereinbarten Pauschal- oder Einheitspreis zu erbringen. An den bei seiner Angebotskalkulation zugrunde gelegten Preis bleibt er gebunden, wenn dies der Vertragspreis wird. Das gilt auch für den Fall, dass der vom AN für das Material kalkulierte Bezugspreis sich verändert, die Kosten für das Material also sinken oder steigen. Änderungen des Vertragspreises sind möglich, wenn eine Materialpreisgleitklausel vereinbart wurde.
Ohne Gleitklausel ergeben sich aus dem Vertrag keine unmittelbaren Ansprüche des AN auf Preisänderungen, wenn der Materialpreis steigt. Zu teilweise extremen Preissteigerungen hat die seit etwa 1 1/2 Jahren andauernde Coronapandemie geführt. Produktionseinschränkungen und -ausfälle, z. B. bei Dämmstoffen oder Bitumen, führen zu teilweise drastischen Preiserhöhungen. Ähnliche beim Bauholz. Hier ist die Coronaepidemie nicht unmittelbar als Ursache zu nennen, aber mittelbar durch ausländische Konjunkturförderungsprogramme, die die Nachfrage nach Bauholz erhöhen, verbunden mit einem verringerten Angebot durch Waldschädlinge.
Auftragnehmer reagieren darauf teilweise mit der Forderung nach – zumindest teilweiser – Übernahme dieser Preissteigerungen durch den Auftraggeber und fordern Änderungen der Vertragspreise. Zu Recht?
I.
Da für alle Verträge zunächst der Grundsatz gilt, dass sie so wie vereinbart einzuhalten sind, muss eine rechtliche Grundlage dafür existieren, wenn eine Anpassung und damit eine Änderung des Vertrages verlangt werden darf.
1. Welche Anspruchsgrundlagen können in Betracht kommen?
Die gesetzliche Grundregelung „Leistung gegen Entgelt“ (§ 631 BGB) wird durch mehrere Normen ergänzt.
Die VOB/B befasst sich in § 2 Abs. III, V und VI mit den Folgen von Leistungsänderungen und Preisanpassungen.
§ 6 VOB/B behandelt Folgen verlängerte Ausführungszeit, Behinderungen bei der Ausführung und das Kündigungsrecht bei Unterbrechungen von mehr als 3 Monaten.
§ 275 Abs. 2 BGB erlaubt es dem Schuldner, hier also dem Auftragnehmer, die Leistung zu verweigern, wenn sie einen Aufwand erfordert, der in einem groben Missverhältnis zum sogenannten Leistungsinteresse des Gläubigers/Auftraggebers steht.
§ 313 BGB bestimmt, dass sich im Fall der „Störung der Geschäftsgrundlage“ ein Anspruch auf Vertragsanpassung ergeben kann.
§ 242 BGB muss erwähnt werden, die Leistungsverpflichtung nach „Treu und Glauben“, wird aber durch die speziellere Regelung des § 313 BGB verdrängt.
Behördeninterne Anweisungen bzw. Rundschreiben können zu einer Bindungswirkung innerhalb der Verwaltung führen, haben aber keine Regelungswirkung außerhalb dieses Bereichs.
Zu erwähnen ist noch das hier nicht einschlägige „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie“ vom 27.03.2020.
Im Rahmen dieser Regelungen ist die Frage zu beantworten, ob ein Auftragnehmer aufgrund coronabedingter Lieferprobleme und Preissteigerungen vom Auftraggeber mehr als ursprünglich vereinbart verlangen kann.
Von entscheidender Bedeutung kann es dabei sein, wann der Vertrag geschlossen wurde, ob vor Beginn der coronabedingten Beeinträchtigungen, oder zu einem Zeitpunkt, als die Coronafolgen bereits bekannt waren oder hätten bekannt sein können.
2. Zu den einzelnen rechtlichen Grundlagen.
a)
Zur „Unmöglichkeit“, § 275 BGB
§ 275 BGB hat mehrere Anwendungsfälle.
Im Absatz 1 ist der Fall der objektiven Unmöglichkeit geregelt. Wenn es für jedermann unmöglich ist, die geschuldete Leistung zu erbringen, dann kann sie auch nicht verlangt werden.
Das ist ganz offensichtlich nicht unser Fall. Preissteigerungen oder Verzögerungen bei Lieferungen sind kein Fall dieser objektiven Unmöglichkeit. Sie liegt nur dann vor, wenn tatsächlich niemand in der Lage ist, eine solche Leistung zu erbringen. Reine Erschwernisse sind etwas anderes, also nicht erfasst.
Eine andere Situation beschreibt § 275 Abs. 2 BGB. Hier kann dem Schuldner/Auftragnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen, wenn die geschuldete Leistung einen Aufwand erfordert, der in einem groben Missverhältnis zu dem steht, was der Auftraggeber davon hat, dass der Vertrag erfüllt wird.
Eine ähnliche Situation der sogenannten subjektiven Unmöglichkeit regelt § 275 Abs. 3 BGB für den Fall, dass der Auftragnehmer geltend machen kann, dass ihm persönlich das Erbringen der Leistung nicht zugemutet werden kann.
Die Rechtsfolge des § 275 BGB ist der Wegfall der Leistungspflicht des Auftragnehmers. Für die Frage, ob der Auftragnehmer mit dem Verweis auf coronabedingte Beeinträchtigungen ein höheres Entgelt verlangen kann, ist § 275 BGB somit nicht einschlägig. Die Folgen der Unmöglichkeit, seien sie objektiv (niemand auf der ganzen Welt kann das leisten) oder subjektiv (für diesen konkreten Vertragspartner liegt Unzumutbarkeit vor) führt nicht zu einer Vertragsanpassung.
Die finanziellen Folgen einer Unmöglichkeit nach § 275 BGB bestimmt § 326 BGB. Wird der Auftragnehmer von seiner Leistungspflicht frei, entfällt auch sein Anspruch auf die Gegenleistung, also auf Werklohn.
Die Unmöglichkeitsregelungen des § 275 BGB sind also für den zur Diskussion gestellten Fall nicht anwendbar.
b)
§ 2 VOB/B
Für die vom Auftraggeber veranlassten Änderungen des Bauentwurfs oder andere Anordnungen bestimmt § 2 Abs. 5 VOB/B, dass ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren ist. Hier wird der Gedanke der Risikozuordnung deutlich: Greift der Auftraggeber ändernd in die Grundlagen des bereits geschlossenen Vertrages ein, hat er auch die finanziellen Kosten zu tragen. Ergeben sich dadurch – also nur durch diese Änderungen – Auswirkungen auf die Leistungspflicht des Auftragnehmers, kann er – insoweit – Mehrkosten an den Auftraggeber weitergeben.
Gleiches gilt für den Fall des § 2 Abs. 6 VOB/B. Für eine im ursprünglichen Vertrag nicht vorgesehene Leistung, die der Auftraggeber von ihm fordert, kann der Auftragnehmer eine besondere Vergütung verlangen. Auch wenn § 2 Abs. 6 Nr. 2 VOB/B bestimmt, dass die Vergütung sich nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung zu richten hat, sind die „besonderen Kosten“ der zusätzlich geforderten Leistung zu berücksichtigen. Damit auch die Preissteigerungen, die sich aus diesem nachträglichen Eingriff in die Vertragsgrundlagen für die zusätzlich geforderten Leistungen ergeben.
Ähnlich der Fall des § 2 Abs. 3 VOB/B. Hier greift zwar der Auftraggeber nicht anordnend oder ändernd in das Vertragsgefüge ein, geändert wird nur die Menge der dem Grunde nach von Anfang an geforderten Leistung. Dieses Risiko der Erhöhung des Mengenansatzes verbleibt für die bis 10 % reichende Überschreitung des ursprünglichen Mengenansatzes beim Auftragnehmer, bei darüber hinausgehenden Überschreitungen des Mengenansatzes kann er einen neuen Preis für die mehr als 110 % übersteigenden Mehrmengen verlangen. Insoweit ist auch die Weitergabe von Kostensteigerungen möglich.
Sämtliche Fälle des § 2 Abs. 3, 5 und 6 VOB/B greifen für den Fall, dass es Abweichungen bei der Art der Ausführung oder bei den dafür erforderlichen Mengen gegeben hat.
Der Fall coronabedingter Preissteigerungen ohne solche Änderungen der Ausführung oder der dafür erforderlichen Mengen, sind von § 2 VOB/B nicht erfasst.
c)
§ 6 VOB/B
§ 6 VOB/B gewährt dem Auftragnehmer einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich für den Fall, dass er in der Ausführung seiner Leistungen behindert wird. Wie für jeden Schadensersatzanspruch, ist es auch hier Voraussetzung, dass die hindernden Umstände vom anderen Vertragsteil, also dem Auftraggeber, zu vertreten sind. Damit liegt kein Fall der coronabedingten Preissteigerung vor. Ein zusätzlicher Entgeltanspruch gegen den Auftraggeber für diese Preissteigerungen kann nicht mit dem Verweis auf § 6 Abs. 6 VOB/B begründet werden.
Das führt zu der Frage, ob über den Wegfall bzw. die einer Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, eine Änderung des vertraglich vereinbarten Entgelts verlangt werden kann.
d)
Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB
Von einer Störung der Geschäftsgrundlage ist auszugehen, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich nach dem Vertragsschluss schwerwiegend geändert haben. Eine Anpassung der Vertragsbedingungen kann dann verlangt werden, wenn die Parteien den Vertrag mit diesen Bedingungen so nicht geschlossen hätten, wenn sie die Änderungen bei Abschluss des Vertrages vorausgesehen hätten. Die Anpassung kann aber nur dann durchgesetzt werden, wenn das Festhalten am Vertrag unter Berücksichtigung aller Umstände, zu denen auch die vertragliche und gesetzliche Risikoverteilung gehören, dem Vertragspartner nicht zugemutet werden kann.
II. Was ist eine „Störung der Geschäftsgrundlage“?
Liegt bei coroanabedingter Preissteigerungen eine Störung der Geschäftsgrundlage mit der Folge eines Anspruchs auf Anpassung des Vertrages vor?
a)
Uneingeschränkt gilt der Grundsatz: Es muss eine nachträgliche Veränderung der Vertragsgrundlagen gegeben haben. Dabei wird zu trennen sein zwischen coronabedingten Ausfällen und Engpässen bei den zur Ausführung erforderlichen Mitarbeitern und den coronabedingten Materialengpässen und Preissteigerungen.
Die zuerst zu klärende Frage ist es, ob der Vertragspreis eine solche Geschäftsgrundlage darstellt.
Zur Geschäftsgrundlage hat sich der BGH im Urteil vom 01.02.2012 – VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 ff, geäußert, und den Begriff definiert. Dabei handelt es sich um bei Vertragsschluss bestehende gemeinsame Vorstellungen beider Parteien – oder die dem Geschäftspartner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Vertragspartei – von einem Vorhandensein oder dem zukünftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufgebaut ist.
enerell gilt, dass der Bieter / Auftragnehmer das Kalkulationsrisiko trägt. Ändern sich die bei Abgabe des Angebots zugrunde gelegten Ausführungsbedingungen nicht, und hatte der Bieter / Auftragnehmer bei Abgabe seines Angebots alle für seine Kalkulation erforderlichen Angaben zur geforderten Leistung erhalten, ist er an das von ihm auf Grundlage seiner Kalkulation erstellte Angebot gebunden. Er trägt dem Grunde nach das Kalkulationsrisiko, damit das Risiko, bei anschließenden Änderungen der bei seiner Kalkulation zugrunde gelegten Materialbezugspreise an sein Angebot gebunden zu bleiben.
Damit gilt zunächst, dass der Bieter/Auftragnehmer nicht von der Verpflichtung befreit wird, die Leistung zum vertraglich vereinbarten Werklohn zu erbringen, auch wenn sich die von ihm zugrunde gelegten Bezugspreise oder Bezugsbedingungen geändert haben.
Diese Risikoverlagerung zu Lasten des Auftragnehmers schließt aber nicht aus, dass die Grundlagen der Preisbildung zur Geschäftsgrundlage werden.
Der Kalkulation, damit dem vom Bieter / Auftragnehmer abgegebenen Angebot und dem dazu vereinbarte Vertragspreis, liegt die Erwartung und gemeinsame Vorstellung beider Parteien zugrunde, dass während der Vertragslaufzeit Umstände wie die der aktuellen Coronapandemie, die in massiver Weise in die Verfügbarkeit von Materialien und in ungewöhnlicher Weise in die Bezugspreise von Baustoffen eingreifen, nicht eintreten. Dieser Gedanke muss nicht ausdrücklich zum Vertragsinhalt genommen werden.
Für den Fall des Werkvertrages kann es als Geschäftsgrundlage angesehen werden, dass beide Parteien, jedenfalls der Bieter / Auftragnehmer, bei den von ihm angebotenen und in den Vertrag eingeflossenen Preisen von der Vorstellung ausgegangen ist, dass sich diese nicht außerhalb des Rahmens erhöhen, in dem die Preissteigerungen sich üblicherweise bewegen. Diese Überlegung des Bieters/Auftragnehmers beim Erstellen seiner Kalkulation und bei der Abgabe seines verpreisten Angebotes kann beim Auftraggeber als bekannt vorausgesetzt werden.
b)
Diese Geschäftsgrundlage muss gestört worden sein. Das ist durch die coronabedingte Entwicklung der Fall.
Nach den schnell steigenden Fallzahlen in Italien hat der Deutsche Bundestag am 25.03.2020 eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ festgestellt, am 27.03.2020 trat das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite in Kraft.
Dieser Stichtag kann aber nicht für coronabedingte Materialengpässe und Preissteigerungen herangezogen werden.
c)
Nur für Verträge, deren Geschäftsgrundlage coronabedingt gestört wurde, kann eine Vertragsanpassung verlangt werden. Entscheidend ist, in welchem Zeitraum der Vertragsschluss erfolgte.
Hier ist zu fragen, seit wann es diese besonderen Umstände gibt. Übliche Preissteigerungen und Lieferengpässe sind dabei aus der Betrachtung herauszunehmen.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind die Preise für Baumaterialien für Wohnungsbau, ausgehend von einem Index von 100 für das Jahr 2015, in den Jahren 2018 auf 100,6, für 2019 auf 108,4 und 2020 auf 109,4 gestiegen. Das ist kein außergewöhnlicher Preisanstieg. Der Verband der Bauindustrie hat für das Jahr 2020 sogar einen Rückgang der Preise für Baumaterialien um bis zu 19,2 %, bedingt durch geringe Nachfrage ermittelt. Für das Jahr 2021 sind nach diesen Angaben die Preise wieder angestiegen, für Baustahl um 44,3 % gegenüber dem Wert des Jahres 2020, für Bitumen um 63,9 %, für Bauholz um ca. 40 %.
Der aktuelle Preisanstieg ist somit zumindest teilweise eine Kompensation des vorausgegangenen Preisverfalls.
Diese Preissteigerungen sind nach einer vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie am 18.06.2021 veröffentlichten Statistik im Zeitraum ab Januar 2021 eingetreten. Für vorher geschlossenen Verträge kann eine Störung der Geschäftsgrundlage durch die bei Vertragsschluss nicht absehbare Preisentwicklung angenommen werden.
Materialpreissteigerungen für Verträge, die nach Januar 2021 geschlossen wurden, bleiben unabhängig davon, wie hoch die Preise gestiegen sind, außer Betracht, weil zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses jedenfalls ganz erhebliche Preissteigerungen vorhersehbar waren, und deshalb in die Kalkulation hätten eingestellt werden können.
Damit ist der Zeitraum, in dem Verträge geschlossen worden sein müssen, um für sie den Gedanken der Störung der Geschäftsgrundlage heranziehen zu können, bereits eingegrenzt.
d)
Weitere Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 313 BGB ist die „schwerwiegende“ Veränderung.
Schwerwiegende Änderungen können nicht vorliegen, wenn die Preisausschläge in einem für einen längeren Betrachtungszeitraum üblichen Maß geblieben sind. Damit sind zunächst diejenigen Preissteigerungen, die vorhergehende Preissenkungen (wegen fehlender Nachfrage) kompensiert haben, außer Acht zu lassen. Unberücksichtigt bleiben müssen auch die darüber hinausgehenden Preissteigerungen aufgrund allgemeiner Teuerungsraten. Auch Preisausschläge über einen längeren zurückliegenden Zeitraum sind in die Betrachtung einzubeziehen, da nur die coronabedingte Preissteigerung eine Grundlage für die fehlende Vorhersehbarkeit und die Störung der Geschäftsgrundlage sein kann. Die Spitzenausschläge der Preissteigerungen aus diesem Vergleichszeitraum haben sich ohne Einfluss von Corona eingestellt. Bei der Betrachtung, ab welcher Preissteigerung eine schwerwiegende Änderung der Geschäftsgrundlage anzunehmen ist, sind deshalb nach der hier vertretenen Auffassung Preissteigerungen, die innerhalb dieses Steigerungsrahmens der letzten 10 Jahre liegen, außer Acht zu lassen.
Nur diejenige Preissteigerung für das jeweilige Baumaterial, die diesen Rahmen übersteigt, kann als schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage Grundlage für eine Vertragsanpassung sein.
Das entspricht auch dem Gedanken der Risikoverteilung, der in § 313 Abs. 1 ausdrücklich herangezogen wird. Das Kalkulationsrisiko liegt beim Auftragnehmer. Sämtliche preisbildenden Umstände, die er dabei unter Berücksichtigung von bekannten Risikofaktoren hätte einstellen können, müssen unberücksichtigt bleiben.
Nur im Hinblick auf die extremen coronabedingten Preissteigerungen kann von einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage und damit von der Anwendbarkeit des § 313 BGB ausgegangen werden.
e)
Damit die Rechtsfolge der Vertragsanpassung verlangt werden kann, müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein.
Der BGH betont in der Entscheidung vom 01.02.2012 – VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 ff, dass nicht allein der Wegfall oder die Störung der Geschäftsgrundlage zur Anwendung der Rechtsfolgen des § 313 BGB führen.
Vielmehr muss, so der BGH in den Entscheidungsgründen, als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass dem betroffenen Vertragspartner „unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann“. Dazu hat der BGH dann auch eine Wertung in das Urteil aufgenommen: „Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt“.
Das Fortführen des Vertrages zu den ursprünglichen Bedingungen trotz der gestörten Geschäftsgrundlage führt somit nur dann zu einem Anspruch auf Anpassung der Vertragsbedingungen, wenn die Vertragsfortführung unzumutbar ist.
Eine solche Unzumutbarkeit ist nur in Ausnahmefällen anzunehmen, sie setzt jedenfalls voraus, dass die Inanspruchnahme der verpflichten Partei sich „als schlechthin unzumutbar darstellt“ und ein Abgehen vom Vertrag auch in Anbetracht der berechtigten Interessen des Gläubigers sachgerecht ist (so der BGH im Urteil vom 05.01.1995 – IX ZR 85/94).
Die Frage nach einer Unzumutbarkeit des Festhaltens an den ursprünglichen Vertragsbedingungen ist also auch unter Einbeziehung des anderen Vertragspartners zu beantworten. Bezogen auf den Werkvertrag bedeutet das zunächst, dass eine Vertragsanpassung jedenfalls dann nicht mehr in Betracht kommt, wenn sie die Leistungsfähigkeit des Auftraggebers übersteigt. Aufgrund des generell vom Bieter / Auftragnehmer übernommen Preisrisikos scheidet eine Vertragsanpassung in Form der Preiserhöhung erst dann aus, wenn dadurch die Leistungsfähigkeit des Auftraggebers überschritten wird.
Die Grenze der Unzumutbarkeit als Voraussetzung für die Rechtsfolge des § 313 BGB, die Vertragsanpassung, ist noch nicht erreicht, wenn der Auftragnehmer unter Einsatz seines kalkulatorischen Gewinns in der Lage ist, die Preissteigerung aufzufangen. Er kann sich also nicht darauf beschränken zu behaupten, er mache mit diesem Bauvorhaben keinen Gewinn. Die Vertragsanpassung kann erst bei Vorliegen von „schlechthin unzumutbaren“ Folgen (BGH Urteil vom 05.01.1995 – IX ZR 85/94) verlangt werden.
Im Erlass „Lieferengpässe und Stoffpreisänderungen diverser Baustoffe“ des BMI vom 21.05.2021 wird auf diese Grenze verwiesen, sie wird aber nicht näher bestimmt. Das Rundschreiben des Hessischen Städtetages vom 27.05.2021 sieht diese Grenze erst dann als erreicht an, wenn dem Auftragnehmer durch das Festhalten am ursprünglichen Preis die Insolvenz droht. Damit werden Unternehmen mit einer gesunden finanziellen Basis aber schlechter gestellt als wirtschaftlich unsichere Kandidaten. Der Nachweis einer drohenden Insolvenz kann deshalb im Einzelfall als Voraussetzung für die Berechtigung zum Verlangen nach Vertragsanpassung ausreichen, aber nicht das alleinige Kriterium sein.
Die Grenze des „schlechthin Unzumutbaren“ kann auch unterhalb dieser Schwelle erreicht sein.
Den kalkulatorischen Gewinn wird der Auftragnehmer einzusetzen haben, das entspricht dem Gedanken der Risikoverteilung, bei ihm legt das Kalkulationsrisiko.
Für die Ausführung der Leistungen hat der Auftragnehmer Kosten in Form der Baustellengemeinkosten und allgemeinen Geschäftskosten. Wäre er durch die Materialpreissteigerungen nicht mehr in der Lage, die in der Urkalkulation zugrunde geleg-ten Gemeinkosten, auch unter Einsatz des kalkulierten Gewinns, zu erwirtschaften, würde er das Bauvorhaben mit eigenen Mitteln finanzieren. Davon betroffen sind insbesondere Unternehmen mit einem intensiven Einsatz der verteuerten Baumate-rialien, zu denken ist an Zimmerei- und Dachdeckerbetriebe, aber auch Bitumen beim Straßenbau. Die Grenze des schlechthin Unzumutbaren kann dadurch als erreicht angesehen werden, auch wenn dadurch noch keine Insolvenz droht.
Die Grenze der Zumutbarkeit mit der Folge einer Vertragsanpassung ist nach der hier vertretenen Auffassung somit nicht erst dann erreicht, wenn die Steigerung des jeweiligen Materialpreises, bei ausbleibender Beteiligung des Auftraggebers, den Auftragnehmer in die Insolvenz zwingen würde sondern bereits dann, wenn die Preissteigerung
nicht ausgeglichen wird.
Bis zu dieser Grenze trägt der Auftragnehmer das Kalkulationsrisiko, muss also solche Preissteigerungen selbst auffangen. Nur der darüber hinausgehende Anteil der Preissteigerung ist in die Vertragsanpassung einzubeziehen.
Macht der Auftragnehmer coronabedingte Materialpreiserhöhungen geltend, für die er einen Zuschlag vom Auftraggeber verlangt, ist zunächst zu fragen, ob eine solche Situation tatsächlich vorliegt. Zunächst ist das nach Ansicht des Auftragnehmers betroffene Baumaterial konkret zu benennen. Dann ist die Preisentwicklung der letzten Jahre für dieses Produkt vom Auftragnehmer nachvollziehbar darzulegen
Solche Preissteigerungen, die unter Berücksichtigung der Entwicklung in den letzten Jahren als üblich anzusehen sind, bleiben bei der Betrachtung unberücksichtigt. Normale Preisschwankungen, auch sehr deutliche Preisausschläge nach oben, sind aufgrund des vom Auftragnehmer übernommenen Preisrisikos allein von ihm zu tragen. Nur die über bereinigte Preissteigerung hinaus gehende kann also coronabedingt zu einem Anspruch auf Anpassung des Vertrags führen.
Das auch nur dann, wenn der Vertrag vor einem Zeitpunkt geschlossen wurde, zu dem sich diese coronabedingten Preissteigerungen bereits abzeichneten. Verträge ab Ende Januar 2021 fallen nicht mehr darunter. Für solche Verträge trägt der Auftragnehmer die Mehrkosten.
Die Ausgestaltung der Vertragsanpassung ist nicht gesetzlich vorgegeben.
Hier scheint es angemessen, die dann noch verbleibende (bereinigte) Preissteigerung hälftig auf die beiden Vertragsparteien zu verteilen. Dazu kann auf den Grundsatz verwiesen werden, dass beide Seiten bei Abschluss des Vertrages gleichermaßen davon ausgegangen sind, dass die veränderten Umstände nicht eintreten. Denkbar sind aber auch andere Quoten, die dann eher zu Lasten des Auftragnehmers gehen werden.
In einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Frage, ob ein Anspruch auf Vertragsanpassung besteht, wird die detaillierte Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Unzumutbarkeit eines Festhaltens am vertraglichen Preisgefüge, somit auch für eine verbliebene allein coronabedingte Preissteigerung, die nicht durch den Einsatz des kalkulatorischen Gewinns kompensiert wird, beim Auftragnehmer zu sehen sein.
Kann er diesen Nachweis nicht führen, kommt eine Vertragsanpassung nicht in Betracht.
Die Regelungen zur Abnahme sind in wesentlichen Punkten geändert worden. Die Änderungen betreffen allerdings nur die fiktive Abnahme. Unverändert geblieben ist § 640 Absatz 1 BGB mit seinen „Grundregeln“ zur Abnahme.
Nach dieser „Grundregel“ hat der Unternehmer nach wie vor einen Anspruch auf Abnahme seines Werks, wenn er es mangelfrei oder mit nur unwesentlichen Mängeln hergestellt hat.
Verweigert der zur Abnahme aufgeforderte Besteller die Abnahme zu Unrecht, treten die Abnahmewirkungen dennoch ein. Allerdings muss dies häufig erst durch langwierigere Prozesse und Sachverständigengutachten geklärt werden, sodass teilweise erst Jahre nach der unberechtigten Verweigerung feststeht, dass die Abnahme damals doch stattgefunden hat.
Für diesen Zeitraum bis zur endgültigen Feststellung, ob die Abnahmeverweigerung berechtigt war oder nicht, bleibt auch in der Schwebe, wer für den weiteren Zustand des Werks verantwortlich ist. Stellt sich später heraus, dass die Abnahme zu Unrecht verweigert wurde, sind die Abnahmewirkungen rückwirkend eingetreten mit der Folge, dass auch die Gefahr bereits übergegangen ist.
Diesem für beide Seiten unzumutbaren Schwebezustand soll die Neuregelung des § 640 Absatz 2 BGB entgegen wirken.
Jetzt gilt, dass ein Werk als abgenommen gilt, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller sie innerhalb dieser Frist nicht unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat.
Damit steht zumindest dann, wenn der Besteller keinen Mangel geltend macht, der tatsächliche Zeitpunkt der Abnahme fest. Mit Ablauf der vom Unternehmer gesetzten Frist zur Abnahme ist die Abnahmewirkung eingetreten.
Diese fiktive Abnahme hat auch Bestand, wenn sich nachträglich Mängel zeigen.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist es nicht erforderlich, dass der Mangel tatsächlich vorliegt. Allein das Behaupten eines Mangels verhindert die Abnahmefiktion des neuen § 640 Absatz 2 BGB.
Ein offensichtlich, ein wissentlich zu Unrecht behaupteter Mangel hindert allerdings nicht den Eintritt der Abnahmewirkung, da der Besteller sonst aus der Verletzung der Vertragsplicht zur Abnahme Vorteile ziehen würde. Dieses Wissen vom Nichtvorliegen des behaupteten Mangels zu beweisen dürfte für den Bauunternehmer aber schwierig sein.
Die Neuregelungen des § 640 Absatz 2 BGB führen also nur dann zu einer schnelleren Klärung der Abnahmesituation, wenn vom Besteller keine Mängel – dann Abnahmefiktion – oder wesentliche Mängel – dann keine Fiktion – eingewandt werden.
Da hier die Abnahmewirkungen über eine Fiktion herbeigeführt werden sollen, sind besondere Regelungen zum Schutz von Verbrauchern aufgenommen worden. Nach § 640 Absatz 2 Satz 2 BGB treten die Rechtsfolgen des Absatzes 2 Satz 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller schriftlich über diese Folgen aufgeklärt hat. Die Erklärung muss dem Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme zugehen.
Hat der Besteller zunächst (wesentliche) Mängel behauptet, die tatsächlich nicht vorliegen, und ist die Abnahmefiktion über § 640 Absatz 2 BGB deshalb nicht eingetreten, stellen sich aber im Verlauf des Prozesses andere, wesentliche Mängel heraus, die vom Besteller ursprünglich nicht gerügt wurden, bleibt es dabei, dass keine Abnahmewirkung eingetreten ist. Sie kann auch nicht rückwirkend konstruiert werden.
Nur dann, wenn der Besteller die Abnahme verweigert, ohne irgendwelche Mängel zu nennen, führt die Neuregelung des § 640 Absatz 2 BGB zu einer Beschleunigung und frühzeitigen Feststellung der Abnahme.
Hat der Besteller keine Mängel bei seiner Abnahmeverweigerung genannt, obwohl tatsächlich wesentliche Mängel vorliegen, greift die Fiktion des § 640 Absatz 2 BGB mit der Folge, dass die Abnahme trotz der vorhandenen wesentlichen Mängel eintritt.
Voraussetzung dafür ist es allerdings, dass das Werk fertiggestellt wurde (§ 640 Absatz 2 Satz 1 BGB). Bietet der Unternehmer also ein offensichtlich nicht fertiggestelltes Werk zur Abnahme an, kann auch dann keine Abnahmewirkung eintreten, wenn der Besteller Mängel nicht geltend macht.
Eine entscheidende Abgrenzung wird also auch zukünftig notwendig sein: Ist das Werk als fertiggestellt anzusehen, wenn auch mit - ggf. wesentlichen Mängeln -, oder ist es ersichtlich noch nicht fertiggestellt, sodass nicht nur Mangelbeseitigungsarbeiten ausstehen? Im ersten Fall kann die Abnahmefiktion eintreten, im zweiten Fall nicht.
Die Regelungen des § 640 BGB gelten auch für Teilabnahmeverlangen. Insoweit ist die geforderte „Fertigstellung des Werks“ auf diejenigen Leistungen zu beziehen, auf die sich das Teilabnahmeverlangen bezieht.
Bei sog. Schwarzgeschäften kann der Besteller daran gehindert sein, Mangelrechte geltend zu machen. Hier ist auf die Änderung der Rechtslage durch die Neufassung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwarzarbG) im Jahr 2004 und des Umsatzsteuergesetzes im Jahr 2006 hinzuweisen, sowie die darauf gestützte Rechtsprechung des BGH.
Zur Fassung des SchwarzarbG vor dem 01. August 2004 hatte der BGH entschieden, dass die dort erfassten Fälle der Schwarzarbeit bei einem Verstoß beider Parteien zwingend zur Unwirksamkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB führen. Mangels vertraglicher Grundlage konnte der Besteller in diesen Fällen keine Mangelrechte durchsetzen. Aufgrund des beschränkten Regelungsbereichs des SchwarzarbG waren insbesondere diejenigen Fälle erfasst, in denen Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung verkürzt wurden. Auch die Ausübung eines Handwerks ohne Eintragung in die Handwerkerrolle war (und ist) erfasst. Der Besteller war über § 2 Abs. 1 SchwarzarbG in der Fassung vom 06.02.1995 einbezogen, wenn er in erheblichem Umfang Leistungen von solchen Personen ausführen ließ. Derartige Fälle führten nach der Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit gemäß § 134 BGB.
An dieser Rechtsprechung hat sich dem Grunde nach nichts geändert. Sie wurde durch das Urteil des BGH vom 01.08.2013 bestätigt. Neu daran sind die Verweise auf die erweiterten Regelungen des SchwarzArbG in der Fassung vom 01.08.2004 und die Regelungen des UStG und deren Auswirkungen. Insbesondere die Verpflichtung zur Rechnungsstellung des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG führt zu einer Erweiterung derjenigen Fälle, in denen bei einem Verstoß die Unwirksamkeit gemäß § 143 BGB die zwingende Folge ist.
Die Grundsätze der aktuellen Entscheidung des BGH lauten:
Zwischen diesen Entscheidungen des BGH zur alten Fassung des SchwarzArbG und dem Urteil vom 01.08.2013 liegen die beiden Urteile aus dem Jahr 2008.
Hier hatte der BGH entschieden:
In diesen beiden Entscheidungen zur Ohne-Rechnung-Abrede wurde keine Nichtigkeit gemäß § 134 BGB angenommen, sondern nur eine Teilnichtigkeit gemäß § 139 BGB der Abrede »Ohne Rechnung«. Da nur dieser Teil des Vertrages als unwirksam angesehen wurde, der restliche Vertrag also weiterhin existierte, konnte der Besteller Mangelrechte geltend machen.
Die Unterscheidung zu den Verstößen gegen das SchwarzArbG war deshalb möglich, weil dies in der damaligen Fassung keinen Bezug zum Steuerrecht enthielt. Von der „absoluten“ Verbotswirkung des SchwarzArbG und der damit verbundenen Folge des § 134 BGB waren die „nur“ auf Steuerverkürzung gerichteten Schwarzgeldabreden somit nicht erfasst.
Die „neue“ Fassung des § 1 Abs. 2 Nr 2 SchwarzArbG führt über den Verstoß gegen steuerrechtliche Pflichten jetzt zwingend dazu, dass die zugrunde liegenden Verträge insgesamt nichtig sind. Dem Besteller ist es in diesen Fällen nicht möglich, sich auf den Grundsatz von Treu und Glauben zu berufen, um doch noch zur Haftung des Auftragnehmers zu kommen. Der BGH stellt dazu ausdrücklich klar, dass es nicht ausreicht, sich auf ein widersprüchliches Verhalten des Auftragnehmers und die Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung des Vertrages zu berufen einzuwenden, wie es in den Entscheidungen vom 24.04.2008 noch zugrunde gelegt wurde, um zu Mangelansprüchen des Bestellers zu kommen.
§ 650 p BGB – Vertragstypische Pflichten
Durch die neu aufgenommenen §§ 650 p bis 650 t BGB ist erstmals eine Regelung zu den Leistungspflichten der Parteien eines Architekten- und Ingenieurvertrages in das Gesetz aufgenommen worden. Bekanntlich gilt für die HOAI der Grundsatz, dass sie keine vertraglichen Leistungspflichten regelt, sondern ausschließlich Vorgaben für die Honorarberechnung enthält.
Die neu in das BGB aufgenommenen Vorschriften sind für solche Verträge nicht anwendbar, die sich nicht auf die Planung oder Überwachung eines Bauwerks oder einer Außenanlage beziehen. Hier nicht erfasst sind also Planungs- und Überwachungsleistungen für Arbeiten im Bestand, sofern diese für die Konstruktion und die Gebrauchstauglichkeit der behandelten Anlage nicht von wesentlicher Bedeutung sind. Ebenso wenig sind solche Leistungen erfasst, die sich auf Anlagen beziehen, die nicht mit dem Grundstück fest verbunden sind, also z. B. Inventar oder Möbel.)
Als Bauwerk gelten Neubauten, die fest mit dem Grundstück verbunden sind. Aber auch Leistungen für Arbeiten im Bestand, die für Konstruktionen, Bestand, Erhaltung und Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind, sind solche für ein Bauwerk. Voraussetzung ist es, dass die einzubauenden Teile mit dem Gebäude fest verbunden werden. Arbeiten an einer „Außenanlage“ liegen vor, wenn sie mit Arbeiten an einem Bauwerk im weitesten Sinne vergleichbar sind. Erfasst sind allerdings nicht sämtliche Arbeiten an einem Grundstück, es muss sich vielmehr um gestalterische Arbeiten handeln, die der Errichtung der Anlage oder deren Bestand dienen, auch der Beseitigung oder dem Umbau einer solchen Anlage. Nicht entscheidend ist, ob die Anlage im Zusammenhang mit einem Bauwerk steht oder nicht.
Klarstellend wird der bekannte Grundsatz erwähnt, dass ein Architekten- oder Ingenieurvertrag nicht nur auf die Erstellung der Planung gerichtet sein kann, sondern auch auf die Überwachung.
§ 650 p Absatz 1 BGB enthält dementsprechend unter der Überschrift: „Vertragstypische Pflichten aus Architekten- und Ingenieurverträgen“ die eher klarstellende Regelung, dass Architekten und Ingenieure verpflichtet sind, diejenigen Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks erforderlich sind, um die vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen.
Zunächst ist auf die getroffenen Vereinbarungen abzustellen. Vereinbaren die Parteien, dass nur bestimmte oder alle Grundleistungen geschuldet sind, würde es sich auf den Honoraranspruch auswirken, wenn nicht alle vertraglich vereinbarten Grundleistungen auch erbracht werden. Das Vereinbaren solcher Grundleistungen bedeutet aber nicht, dass sie auch unbedingt „erforderlich“ sind. Sie sind dann lediglich vertraglich geschuldet mit der Folge, dass bei nicht erbrachter und nicht erforderlicher Leistung der Vertrag nicht erfüllt wurde mit entsprechenden Konsequenzen für das Honorar. Dem kann durch eine Vereinbarung vorgebeugt werden, die für die vertraglich aufgelisteten Grundleistungen vorsieht, dass diese unter der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung stehen, dass die Grundleistung tatsächlich erforderlich ist. Für die Vertragsgestaltung sollte auftraggeberseitig darauf geachtet werden, dass jedenfalls diejenigen Leistungen im Vertrag als geschuldet vereinbart werden, die aus Sicht des Auftraggebers auch unbedingt erbracht werden sollen.
Werden erforderliche Leistungen nicht erbracht, seien sie vereinbart oder auch nicht, ist die Leistung des Architekten dadurch nicht automatisch mangelhaft. Mangelhaft wird seine Leistung nur dann, wenn das Bauwerk selbst Mängel aufweist. Seine Leistung ist allerdings nicht vollständig erbracht worden, sodass das Honorar gemindert werden kann.
Die Minderung ist auf der Grundlage des § 8 Abs. 2 HOAI zu berechnen.
Nach § 8 Abs. 2 HOAI darf das Honorar nur in der Höhe berechnet werden, wie es dem Anteil der übertragenen Grundleistungen an der gesamten Leistungsphase entspricht.
Dieser Grundsatz wird auch für § 650 p Abs. 1 BGB anzuwenden sein. Sind nicht alle Grundleistungen erforderlich, und werden sie deshalb nicht erbracht, wird das Honorar auch bei mangelfrei erstelltem Bauwerk bzw. Außenanlage/Bauüberwachung nach den Grundsätzen des § 8 Abs. 2 HOAI zu berechnen, also zu kürzen sein.
Der Verweis auf die Leistungen, die nach dem jeweiligen Planungs- und Ausführungsstand erforderlich sind, verdeutlicht, dass es nicht nur darum geht, ein Planungsziel zu verwirklichen. Vielmehr sind auch die dazu erforderlichen Schritte Bestandteil der geschuldeten Leistungen. Dazu hatte der BGH bereits im Urteil vom 24.04.2004 - VII ZR 259/02, grundlegend entschieden, dass der Architekt die vereinbarten Arbeitsschritte in der Regel als Teilerfolg des geschuldeten Gesamterfolges schuldet. Sind solche Teilerfolge nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart worden, ist durch die Auslegung des Vertrages zu ermitteln, welche Einzelleistungen erforderlich sind, um den geschuldeten Erfolg herbeizuführen. Solche für den Erfolg erforderlichen Einzelleistungen gehören dann zu den vertraglich geschuldeten Leistungen, so der BGH bereits im Jahr 2004. Diesen Grundsatz hat das BGB in § 650 p Absatz 1 übernommen.
Nach der nunmehr gesetzlichen Regelung gilt also als geschuldete Leistung, was jeweils erforderlich ist, um den Vertragszweck zu erreichen. Dies ist – auch im Hin-blick auf die Entscheidung des BGH bereits aus dem Jahr 2004 - keine neue Regelung der zur vertraglich geschuldeten Leistung, sie ist lediglich erstmals in das Gesetz aufgenommen worden.
Zum jeweils konkret geschuldeten Leistungsumfang enthält das BGB auch jetzt keine Regelungen. Das ist im Hinblick auf die Vielzahl der denkbaren Möglichkeiten auch nicht möglich. Der Architekten- oder Ingenieurvertrag wird also lediglich dadurch definiert, dass er sich sowohl auf die Planung, die Ausführung und die Überwachung von Bauwerken und Außenanlagen bezieht.
Allerdings enthält § 650 p Absatz 2 BGB eine zwingende Regelung, die die Pflichten des Architekten oder Ingenieurs in der Frühphase auf das Erstellen einer Planungsgrundlage konzentriert.
Da diejenigen Leistungen geschuldet sind, die erforderlich sind, um das Planungs- und Überwachungsziel zu erreichen, muss feststehen, welches Ziel die Parteien insoweit vereinbart haben.
Ist dieses Ziel bei Vertragsschluss bereits hinreichend so konkret beschrieben, dass der Planer mit seiner Arbeit und mit der Vorplanung (Grundleistung Nr. 3 der LP 2 des § 34 HOAI) und den Darstellungen des Entwurfs und beginnen kann, ergibt sich aus den neuen gesetzlichen Regelungen keine Änderung des Ablaufs. Dann findet die neu in das Gesetz eingeführte Zielfindungsphase nicht statt –sie ist dann nicht erforderlich.
Für diejenigen Verträge, zu denen die - wesentlichen - Planungs- und Überwachungsziele bei Vertragsschluss noch nicht feststehen und deshalb nicht vereinbart worden sind, verpflichtet § 650 p Absatz 2 BGB den Unternehmer, zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen. Die Anforderungen an diese Planungsgrundlage sind dort näher aufgelistet.
Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/8486, S. 67) ist eine „Zielfindungsphase“ in das Gesetz eingeführt worden, um denjenigen Bauherren Rechnung zu tragen, die bisher nur vage Vorstellungen von ihrem Bauvorhaben haben. In einem solchen Fall kann es noch keine Einigung über alle wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele geben, denn sie stehen mangels hinreichend konkretisierter Vorstellung des Bauherrn noch nicht fest. Die Unsicherheiten können aus verschiedensten Gründen vorliegen, sei es, dass der Zweck des Gebäudes noch nicht feststeht, sei es, dass die Größe, die konkrete Ausgestaltung, z. B. des Daches, oder andere Kriterien noch offen sind. Hier soll der Architekt / Ingenieur gehalten sein, die Wünsche und Vorstellungen des zukünftigen Bauherrn zu erfragen. Mit diesen Informationen soll er dann eine Planungsgrundlage zur Ermittlung der bisher noch offenen Planungs- und Überwachungsziele erstellen.
Durch den Begriff der „Planungsgrundlage“ soll verdeutlicht werden, dass es hier noch nicht um die eigentliche Planung geht. Als „Grundlage“ soll nur eine erste Skizze oder grobe Beschreibung des Vorhabens geschuldet sein, worauf dann die eigentliche Planung aufbauen kann.
Zusammen mit dieser „Planungsgrundlage“ muss der Architekt/Ingenieur dem Besteller eine Kostenschätzung vorlegen (§ 650 p Abs. 2 S. 2 BGB). Durch eine zu-nächst nur grobe Einschätzung der zu erwartenden Kosten soll der Besteller eine Entscheidungsgrundlage haben, um so entscheiden zu können, ob er das Projekt tatsächlich realisieren will.
Die Sonderregelungen für die „Zielfindungsphase“ des § 650 p Absatz 2 BGB greifen immer dann ein, wenn bei Abschluss des Architekten- oder Ingenieurvertrages nicht bereits feststeht, welche wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele Vertrags-inhalt sind. Das führt zu der Frage, wann die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele feststehen und vereinbart wurden. Ist diese Voraussetzung bereits erfüllt, wenn im Vertrag nur vereinbart wird, dass ein Einfamilienhaus zu errichten ist? Reicht es aus, wenn im Vertrag vereinbart wird, dass ein dreistöckiges Haus mit Geschäftsräumen im Erdgeschoss zu planen und zu errichten ist? Ist es erforderlich, dort bereits Details, wie z. B. Dachform, Größe der Geschossflächen oder ähnliches festzulegen?
Die „wesentlichen“ Planungsziele sind weniger als alle erforderlichen Planungen. Erst nach Abschluss der Zielfindungsphase soll diejenige Planungsphase beginnen, die zur gestalterischen Umsetzung der „wesentlichen“ Planungsziele führt. Die „wesentlichen“ Planungsziele müssen also nur die Voraussetzungen schaffen, damit diese gestalterische Umsetzung möglich ist. Sie müssen das Bauobjekt so beschreiben, dass dessen Qualität, Quantität und Kosten in Grundzügen feststeht. Diese Grund-züge müssen ausreichend konkret feststehen, um die Vorplanung - die Grundleistung gemäß Leistungsphase 2 c) HOAI - erbringen zu können. Auf der Basis der „wesentlichen“ Planungsziele muss es also möglich sein, die Vorplanung zu erarbeiten, Varianten nach gleichen Anforderungen zu untersuchen, darzustellen und zu bewerten, Zeichnungen im Maßstab nach Art und Größe des Objekts anfertigen zu können.
Deshalb wird vertreten, dass die Grundleistungen der Leistungsphase 1 und die ersten beiden Grundleistungen der Leistungsphase 2 identisch sind mit denjenigen Leistungen, die zur Zielfindungsphase zu erbringen sind (Kniffka, BauR 2017, S. 1859 ff).
Die Leistungen, die danach in der Zielfindungsphase zu erbringen sind, sind nach dieser Ansicht diejenigen, die Voraussetzungen für das Erarbeiten der Vorplanung (Leistungsphase 2 c)) sind.
Dafür, dass zumindest die Grundleistungen der Leistungsphase 1 denjenigen der Zielfindungsphase entsprechen spricht, dass die Grundleistungen der Leistungsphase 1 Voraussetzungen für die weiteren Leistungen zur Leistungsphase 2 sind.
Dagegen spricht, dass eine Ortsbesichtigung (2. Grundleistung der Leistungsphase 1) das Ausformulieren von Entscheidungshilfen für die Auswahl anderer an der Planung fachlich Beteiligter (4. Grundleistung der Leistungsphase 1) keine zwingende Voraussetzung dafür sind, die Planungs-„Ziele“ festzulegen.
Die Leistungen zur Zielfindungsphase sind deshalb zumindest teilweise mit denjenigen zur Leistungsphase 1 identisch, da diese Grundleistungen kein anderes Ziel haben als die sog. Zielfindungsphase – das Klären der eigentlichen Aufgabe.
Wenn die Grundleistungen der Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung) zumindest teilweise identisch sind, stellt sich die Frage, ob auch noch die ersten beiden Grund-leistungen der Leistungsphase 2 identisch sind mit denjenigen der Zielfindungsphase.
Erschwert wird diese Abgrenzung dadurch, dass der Architekt im Rahmen der Zielfindungsphase nur die dafür auch erforderlichen Leistungen abrechnen darf. Hat er bereits Schnitte und Detailplanungen erstellt, gehört dies nicht mehr zur Zielfindungs-phase mit der Folge, dass er dafür kein Honorar erhält, wenn der Bauherr jetzt die Sonderkündigung erklärt.
Wenn die Zielfindungsphase nicht alle Grundleistungen der Leistungsphase 1 erfassen würde, könnte es berechtigt sein, den teilweise verwendeten Begriff der „Leistungsphase 0“ zu verwenden.
Allerdings ist der Zweck der Zielfindungsphase nicht, eine neue Abrechnungseinheit zu schaffen.
Im Gegenteil: Die Abrechnungsmöglichkeiten des Planers werden durch das an die Zielfindungsphase geknüpfte Sonderkündigungsrecht sogar eingeschränkt. Dies dadurch, dass der Bauherr bisher den Vertrag mit der Folge des § 648 (bisher § 649 BGB) kündigen mußte, wenn er - auch frühzeitig, feststellen musste, dass seine Mittel nicht ausreichen werden. Jetzt ist im Interesse des Bauherren geregelt, dass er sich ohne das weitgehende Honorarforderungen frühzeitig aus dem Vertrag lösen, kann, wenn er in dieser Frühphase feststellt, dass er das Vorhaben nicht realisieren kann oder nicht will.
Der Ablauf des Planungsprozesses, der darauf gerichtet ist, dem noch nicht vollständig entschiedenen Bauherren diese Informationen zur Verfügung zu stellen, ist derjenige, den die HOAI in den Grundleistungen der LP 1 und teilweise der LP 2 vorsieht. Das spricht dafür, dass eine zumindest teilweise Überschneidung der Zielfindungs-phase mit diesen Grundleistungen vorliegt.
Danach ist auch das Honorar, dass der Planer abrechnen kann, identisch mit demjenigen, das für diese Grundleistungen der LP 1 und LP 2 anfällt. Er erhält also insoweit auf jeden Fall dasjenige Honorar, das er – insoweit – auch ohne die gesetzliche Neuerung erhalten würde. Wird das Vertragsverhältnis nicht gekündigt, erhält er auch das weitere Vertragshonorar, kann also den Vertrag wie üblich abrechnen. Sollte es erforderlich sein, für den Bauherren in dieser Frühphase zur Unterstützung des Bauherrn bei dieser Entscheidungsfindung Leistungen zu erbringen, die nicht zu den Grundleistungen der LP 1 und LP 2 gehören, also Besondere Leistungen, wer-den diese gesondert abzurechnen sein.
Die Ausgangsfrage, wann eine Zielfindungsphase anfällt, weil wesentliche Planungs- und Überwachungsziele bei Vertragsschluss noch nicht vereinbart wurden,. sodass es zu einem Sonderkündigungsrecht des Bestellers kommt, ist also dahingehend zu beantworten, dass jedenfalls dann eine hinreichende Vereinbarung der Ziele bereits vorliegt, wenn der Besteller so konkrete Vorgaben mitbringt, dass die Vorplanung ohne weiteres beginnen kann.
Entschließt sich der Besteller, aufgrund der ihm angekündigten Kosten von dem Bauvorhaben abzusehen, steht ihm über § 650 r BGB ein Sonderkündigungsrecht zu.
Diese gesetzliche Neuregelung hat erheblichen Einfluss auf die Honorarsituation.
§ 650 r BGB – Sonderkündigungsrecht
Bisher konnte sich der zukünftige Bauherr lediglich entscheiden, ob er einen Architektenvertrag in vollem Umfang, also über alle Leistungsphasen, oder nur zu einzelnen Leistungsphasen, ggf. im Rahmen eines gestaffelten Vertrages, schließen wollte. Stellte sich im Rahmen des so geschlossenen Vertragsverhältnisses heraus, dass das Bauvorhaben für den Besteller doch nicht realisierbar sein würde, musste den Vertrag kündigen. Dieses Recht zur jederzeitigen Kündigung stand ihm (und steht auch zukünftig) gemäß § 649 BGB zur Verfügung. Allerdings hat eine solche „ordentliche“ Kündigung erhebliche finanzielle Nachteile für den Besteller. Er ist verpflichtet, dem Architekten das volle Vertragshonorar zu bezahlen, nur verringert um diejenigen Aufwendungen, die der Architekt/Ingenieur aufgrund der Kündigung er-spart. Dem Architekten/Ingenieur steht im Fall einer solchen ordentlichen Kündigung also auch dasjenige Honorar zu, das für die noch nicht erbrachten Leistungen anfällt, vermindert lediglich um die ersparten Aufwendungen.
Grundsätzlich gilt diese Regelung des § 649 BGB auch weiter. Allerdings hat der neu eingeführte § 650 r BGB – nur für den Architekten- und Ingenieurvertrag – eine gesonderte „Zwischenstufe“ geschaffen.
§ 650 r Absatz 1 BGB bestimmt, dass dem Besteller nach Abschluss der „Zielfindungsphase“, also nach Vorlage der in § 650 p Absatz 2 genannten Planungsgrund-lage nebst Kostenschätzung, ein Sonderkündigungsrecht zusteht.
Das Sonderkündigungsrecht ist ausdrücklich nur für den Fall des § 650 p Absatz 2 BGB eingeführt worden. Dort sind aber nur diejenigen Fälle geregelt, in denen die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart wurden. Für alle anderen Verträge gilt dieses Sonderkündigungsrecht somit nicht.
Dieses Kündigungsrecht ist befristet. Es erlischt, wenn es nicht innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage der Unterlagen ausgeübt wurde. Für Verbraucher gilt diese Frist von zwei Wochen nur dann, wenn dem Verbraucher bei der Vorlage dieser Unterlagen eine schriftliche Erklärung ausgehändigt wurde, die ihn über dieses Kündigungsrecht, dessen Befristung und die Rechtsfolgen der Kündigung aufklärt.
Macht der Besteller von diesem Sonderkündigungsrecht Gebrauch, muss er nur diejenige Vergütung bezahlen, die auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entfällt. (§ 650 r Absatz 3 BGB).
Diese Neuregelung des BGB geht, ebenso wie § 648 BGB, von einem wirksam geschlossenen Architekten- / Ingenieurvertrag aus. Das ergibt sich schon daraus, dass dem Besteller ein Kündigungsrecht zugesprochen wird. Gekündigt werden kann aber nur ein bestehendes Vertragsverhältnis.
Anders als im Fall des § 648 BGB muss der Besteller aber - bei fristgerechter Kündigung - nicht etwa das volle Vertragshonorar abzüglich der ersparten Aufwendungen bezahlen. Vielmehr sind nur die innerhalb der Zielfindungsphase erbrachten Leistungen zu bezahlen.
Da die finanziellen Folgen einer Kündigung nach § 648 BGB und einer auf das Sonderkündigungsrecht nach § 650 r BGB gestützten Kündigung sich ganz erheblich voneinander unterscheiden, ist es von besonderer Bedeutung, ob eine vom Besteller erklärte Kündigung als Sonderkündigung zu werten ist. Das kann sie nur dann sein, wenn sie innerhalb der dazu vom Gesetz eingeräumten Frist erklärt wurde.
Die Zwei-Wochen-Frist des § 650 r Absatz 1 Satz 2 BGB gilt für alle Verträge, an denen Verbraucher nicht beteiligt wurden. Für Verbraucherverträge gilt sie nur dann, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über dieses Kündigungsrecht, die Frist und die Folgen der Kündigung aufgeklärt wurde.
Der Verbraucher ist darüber zu belehren, was die wesentlichen Folgen der Kündigung sind. Dazu gehört es, dass das Vertragsverhältnis durch die Kündigung beendet wird und keine gegenseitigen Leistungen mehr verlangt werden können. Zu belehren wird auch darüber sein, dass der Besteller die bis dahin erhaltenen Leistungen weiter behalten darf, und dass der Architekt nur die Vergütung verlangen darf, die auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entfällt.
Wegen der an die wirksame Aufklärung gebundene Befristung ist es von erheblicher Bedeutung, ob diese Aufklärung des Verbraucher-Bestellers tatsächlich erfolgt ist. Jedem Architekten/Ingenieur muss deshalb empfohlen werden, sich vom Besteller eine gesonderte Bescheinigung ausstellen zu lassen, durch die er bestätigt, dass er die ordnungsgemäße und vollständige - Aufklärung schriftlich erhalten hat. Für den Verbrauchervertrag sollte eine solche Bestätigung regelmäßig als gesondert zu unterschreibende Vertragsanlage gehören.
Um diese Wirkung einer Befristung des Kündigungsrechts auch tatsächlich zu entfalten, muss die Belehrung richtig sein. Dies gilt auch für die Belehrung zur Frist. § 650 r Absatz 1 BGB bestimmt nicht etwa, dass die Kündigungserklärung innerhalb von zwei Wochen zugegangen sein muss. Vielmehr gibt der Gesetzestext vor: „Das Kündigungsrecht erlischt zwei Wochen nach Vorlage der Unterlagen (…)“ Dement-sprechend muss eine wirksame Belehrung des Verbrauchers also auch diesen Inhalt haben, nicht etwa eine Belehrung, dass die Kündigung innerhalb der zwei Wochen zugegangen sein muss. Mit einem Text der Belehrung, der von der gesetzlichen Vorgabe abweicht, riskiert der Architekt, dass die Belehrung unwirksam ist mit der Folge, dass das Kündigungsrecht nicht befristet wird.
Bei fehlendem Konsens darüber, ob die Zielfindungsphase beendet ist, besteht auch gegenüber dem gewerblichen Besteller das Risiko einer noch andauernden Kündigungsmöglichkeit, denn bei nicht abgeschlossener Zielfindungsphase beginnt die Zwei-Wochen-Frist auch gegenüber demjenigen noch nicht, der nicht Verbraucher ist.
Eine verlängerte Frist, wie z. B. im Fall des Widerrufs eines Haustürgeschäfts, sieht das BGB für das Sonderkündigungsrecht nicht vor. Das bedeutet, dass die Möglichkeit der Sonderkündigung für den Verbraucher bei unwirksamer Belehrung grundsätzlich nicht befristet ist. Allerdings wird er sich nicht mehr auf dieses Sonderkündigungsrecht berufen können, wenn der Besteller nach Eingang der Planungsgrundlagen weitere Leistungen abruft und verwertet. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass er dann auch das von der HOAI dafür vorgesehene Honorar zu bezahlen hat. In diesem Fall kann allenfalls fraglich bleiben, über welche Leistungsphasen dann ein Vertragsverhältnis geschlossen wurde.
Im Zusammenhang mit dieser Befristung des Kündigungsrechts ist auch der Fristbeginn zu betrachten. Nach der gesetzlichen Regelung beginnt die Frist, wenn die Unterlagen (Planungsgrundlage, Kostenermittlung) dem Besteller vorliegen.
Durch diese Planungsgrundlage soll das vom Besteller verfolgte Ziel ermittelt wer-den. Das Gesetz definiert nicht, unter welchen Umständen dieses Ziel als erreicht gilt. Mit Abschluss der Leistungsphase 2 b) wird auch das Ende der Zielfindungsphase anzunehmen sein. Fraglich ist allerdings, wie es zu bewerten ist, wenn der Besteller die Ansicht vertritt, dass sein Planungsziel noch nicht hinreichend ermittelt wurde. Dann kann auch die Zielfindungsphase noch nicht beendet sein. Um hier einen vorhersehbaren Streit über die späteren Honoraransprüche zu vermeiden kann es sinnvoll sein, für die Leistungen dieser Zielfindungsphase ein Stundensatzhonorar zu vereinbaren.
Während dieser Zielfindungsphase – und innerhalb der Zwei-Wochen-Frist nach Vorlage der Planungsgrundlagen – kann der Besteller den geschlossenen Vertrag jederzeit kündigen. Er muss dies nicht begründen. Dieses Sonderkündigungsrecht steht dem Besteller also auch dann zu, wenn zwischen ihm und dem Architekten / Ingenieur kein Konsens über die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele erreicht werden kann.
Auch dem Architekten / Ingenieur wird über § 650 r Absatz 2 ein Sonderkündigungs-recht eingeräumt. Danach kann er dem Besteller eine angemessene Frist „für die Zustimmung nach § 650 p Absatz 2 Satz 2“ setzen. Dem Besteller müssen also die Planungsgrundlagen zusammen mit der Kosteneinschätzung vorgelegt werden. Im Anschluss daran muss ihm eine „angemessene“ Frist gesetzt werden. Das Gesetz gibt keinen festen Zeitraum vor. Ob eine Frist angemessen ist, hängt von verschiedenen Umständen ab. So kann eine fehlende Vorkenntnis des Bestellers dazu führen, dass die Frist länger ausfallen muss. Auch für umfangreichere Planungsvorhaben wird die Frist länger zu setzen sein als bei einfacheren Projekten. Weniger als vier Wochen sollte die Frist nicht betragen.
Um dem Besteller eine Frist setzen zu können, muss ihm die Planungsgrundlage vorgelegt worden sein. Hier stellt sich wieder die Frage, wann diese Voraussetzung erfüllt ist. Macht der Besteller geltend, dass die Planungsgrundlage die von ihm verfolgten Ziele noch nicht ermittelt hat, wäre diese Voraussetzung nicht erfüllt. Dann wird aber vom Besteller zu verlangen sein, dass er seine Ziele so konkretisiert, dass der Architekt/Ingenieur dem auch nachkommen kann. Gegebenenfalls sollte dem Besteller für diese Mitwirkungshandlung eine gesonderte Frist gesetzt werden.
Verweigert der Besteller innerhalb der ihm wirksam gesetzte Frist zur Zustimmung, kann der Architekt den Vertrag kündigen. Für diese Kündigungserklärung gibt das Gesetz keine Frist vor. Sie muss allerdings zeitnah erfolgen. Eine Kündigung, die erst zwei Wochen nach Ablauf der zur Zustimmung gesetzten Frist erklärt wird, wird verspätet sein.
Der verweigerten Zustimmung steht es gleich, wenn der Besteller sich innerhalb der Frist nicht erklärt.
Wenn der Besteller die Zustimmung nicht verweigert, sondern geltend macht, dass die Planungsgrundlagen noch nicht ausreichend sind, verlangt er also eine Nachbesserung oder eine erforderliche Erläuterung, wird zu fragen sein, ob die Behauptung des Bestellers zutrifft.
Macht er zurecht geltend, dass die Planungsgrundlagen noch nicht pflichtgemäß ermittelt wurden, besteht kein Kündigungsrecht des Architekten. Verlangt der Besteller dagegen zu Unrecht eine Nachbesserung, wird der Architekt die Kündigung erklären können.
Die Kündigung des Architekten muss ebenfalls schriftlich erfolgen.
Auch nach der vom Architekten/Ingenieur erklärten Kündigung gilt, dass er nur dasjenige Honorar verlangen kann, dass auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entfällt. Auch hier ist daran zu erinnern, dass alles Vorstehende nur für den Fall gilt, dass es überhaupt ein Sonderkündigungsrecht gibt, also bei Vertragsschluss die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart wurden.
Abgerechnet werden kann nur nach Mindestsätzen, falls keine andere Vereinbarung getroffen wurde.
Soweit der Architekt / Ingenieur im Rahmen der Zielfindungsphase Grundleistungen der jeweiligen Leistungsphasen erbringt, sind diese generell nach den Abrechnungsvorgaben der HOAI zu vergüten. Werden darüber hinaus Besondere Leistungen erbracht, kann das Honorar frei vereinbart werden, § 3 Absatz 3 Satz 3 HOAI. Wird ein Pauschalhonorar vereinbart, bleibt ggf. der Einwand, dass dies unterhalb der Mindestsätze liegt. Wird pauschal ein Stundenhonorar für alle Leistungen der Zielfindungsphase vereinbart, ohne dass dies nach Grundleistungen und Besonderen Leistungen differenziert wird, dürfte der Nachweis einer Mindestsatzunterschreitung kaum zu führen sein.
Da die Zielfindungsphase gerade darauf gerichtet ist, dem Besteller die Entscheidungshilfen an die Hand zu geben, die er benötigt, um abschließend zu entscheiden, ob er das Bauvorhaben realisieren will, ist eine Abgrenzung zur Akquisitionsphase schwierig. Voraussetzung dafür, ein Entgelt für die Zielfindungsphase zu verlangen, ist der wirksam geschlossene Vertrag. Hier bleibt der Architekt/Ingenieur in der Verpflichtung, diesen Vertragsschluss nachzuweisen. Andernfalls wird er kein Honorar abrechnen können.
Mit der 7. HOAI-Novelle ist die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzungin § 15 Abs. 1 HOAI aufgenommen worden. Grundsätzlich kann also auch das Honorar für Leistungen nach der HOAI jetzt erst verlangt werden, wenn der Auftraggeber diese Leistung auch abgenommen hat.
Nach wie vor ist eine prüfbare Schlussrechnung als weitere Fälligkeitsvoraussetzungnotwendig.
Die Abnahme war bisher nur für Werkleistungen außerhalb der HOAI Voraussetzung für die Fälligkeit des Werklohns. Architekten und Ingenieure mussten eine Abnahme nicht nachweisen, um ihr Honorar verlangen zu können.
Diese zusätzliche Fälligkeitsvoraussetzungerscheint auf den ersten Blick als eine Erschwernis und damit Benachteiligung für die Planer. Dabei wird aber schnell übersehen, welchen Schutz sie durch die Neuregelung erhalten.
An die Abnahme war schon bisher der Beginn der Gewährleistungsfrist geknüpft. Das bedeutet aber: Findet keine Abnahme statt, beginnt die Verjährungsfrist für Mangelrechte auch nicht. Ohne Abnahme konnten Bauherren deshalb noch viele Jahre nach Abschluss der Arbeiten Gewährleistungsansprüche geltend machen. Auch wenn in Einzelfällen – vierzehn Jahre nach Abschluss der Arbeiten - der Gedanke der Verwirkung zugunsten des Planers bemüht wurde, war die Haftung nahezu unbegrenzt. Eine Korrektur dieser ausufernden Haftungszeiträume wurde teilweise von den Obergerichten durch ein Abnahmesurrogat vorgenommen. Das änderte aber den Grundsatz nicht, dass ohne Abnahme keine zeitliche Begrenzung der Haftung existierte.
Werden Architekten und Ingenieure durch die Neuregelung jetzt gezwungen, ihr Werk abnehmen zu lassen, oder die Abnahmewirkung in anderer Weise herbeizuführen, um ihr Honorar zu erhalten, dann erreichen sie damit gleichzeitig, dass die Gewährleistungsfrist beginnt. Der Zeitraum ihrer Haftung wird damit deutlich begrenzt.
Wohnungseigentum setzt sich aus dem Sondereigentum und dem Gemeinschaftseigentum zusammen. Diese Differenzierung ist auch hinsichtlich der Abnahme relevant.
Abnahmebefugnis des Erwerbers
Bei Wohnungseigentumsgemeinschaften ist jeder Erwerber einer Einheit „Besteller“ im Sinne des § 640 BGB hinsichtlich seines Sondereigentums und seines Anteils am Gemeinschaftseigentum. Jeder Wohnungseigentümer hat aus seinem Erwerbsvertrag einen eigenen Anspruch auf mangelfreie Herstellung des gesamten Gemeinschaftseigentums; es liegt insoweit keine Teilgläubigerschaft i. S. von § 420 BGB vor. Dementsprechend ist grundsätzlich der Erwerber zur Abnahme auch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums befugt. Eine Zuständigkeit der Eigentümergemeinschaft ist im WEG nicht vorgesehen und deshalb abzulehnen.
Im Rahmen der WEG-Novelle 2007 wurde der Rechtsprechung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümer&Shy;gemeinschaft Rechnung getragen. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG sieht vor, dass die Eigentümergemeinschaft die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer ausübt und die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahrnimmt.
Es wurde vor diesem Hintergrund diskutiert, ob die Eigentümergemeinschaft die Abnahme des Gemeinschaftseigentums an sich ziehen und auf Grund eines entsprechenden Beschlusses erklären kann. Dies ist abzulehnen, da die Abnahme – im Gegensatz zur Mängelverfolgung – keinen unmittelbaren Bezug zur Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums aufweist, es mithin an der „Gemeinschaftsbezogenheit“ der Abnahme fehlt. Im Urteil vom 12.05. 2016 - VII ZR 171/15 - hatte der BGH entschieden, dass eine WEG jedenfalls insoweit keine Beschlusskompetenz habe, als es um eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums geht, die (durch AGB des Bauträgers) Auswirkungen auch auf den an der Beschlussfassung nicht beteiligten Nachzügler-Erwerber haben soll.
Gemeinsame oder getrennte Abnahme von Sonder- und Gemeinschaftseigentum
Die Abnahme seiner Wohnung durch den Erwerber kann – je nach den Umständen des Einzelfalls – zugleich auch die Abnahme des Gemeinschaftseigentums bedeuten. In der Regel gilt, dass in der Abnahme des Sondereigentums nicht zugleich die Abnahme des Gemeinschaftseigentums liegt. Nach Ansicht des OLG Karlsruhe soll das auch dann ausscheiden, wenn der Erwerber das Gemeinschaftseigentum nicht tatsächlich geprüft hat . Wird eine gleichzeitige Abnahme von Sonder- und Gemeinschaftseigentum bejaht, ist weiter zu prüfen, ob der Erwerber das gesamte Gemeinschaftseigentum oder lediglich denjenigen Teil des Gemeinschaftseigentums abgenommen hat, der in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Sondereigentum steht, z. B. die Außenwände der Eigentumswohnung.
Eine getrennte Abnahme des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums kommt bspw. in Betracht, wenn nur das Gemeinschaftseigentum noch nicht fertig gestellt ist und/oder wesentliche Mängel aufweist. Der Erwerber kann in diesem Fall sein Sondereigentum abnehmen und die Abnahme des Gemeinschaftseigentums verweigern, z. B. im Falle eines entgegen der Baubeschreibung nicht rollstuhlgerechten Aufzugs.
Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen Erwerber hat keine Auswirkungen auf die Rechtsstellung der anderen Eigentümer, auch nicht in Bezug auf spätere Ersterwerber. Ein einzelner Erwerber muss sich die Abnahmeerklärungen anderer Erwerber nicht zurechnen lassen. Dies führt zu einer Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die einzelnen Erwerber zu verschiedenen Zeitpunkten und damit auch zu unterschiedlichen Verjährungsläufen. Solange ein Eigentümer unverjährte Mängelansprüche hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums hat, kann er die ganze Leistung verlangen, also bspw. Ersatz der vollen Mängelbeseitigungskosten und nicht lediglich einer Quote entsprechend seines Anteils am Gemeinschaftseigentum. Eine Entscheidung des OLG München hat diese Möglichkeit allerdings eingeschränkt. Die Abnahme erfolgte zunächst durch diejenigen, die zu diesem Zeitpunkt bereits Eigentümer waren. Dazu bestätigt das OLG, dass die Abnahmewirkung nur für diejenigen eintreten, die auch an dieser Abnahme teilgenommen haben. Für spätere Erwerber treten damit die Abnahmewirkungen nicht ein. Um die Gewährleistungsansprüche geltend zu machen, zog dann die Eigentümergemeinschaft die Rechte durch Beschluss an sich und beauftragte den Verwalter, die Rechte der WEG durchzusetzen. Der Bauträger berief sich auf Verjährung, weil die Ansprüche der Eigentümer bei Klageerhebung bereits verjährt waren - bis auf die eines „Nachzüglers“. Dieser hatte die Abnahme zu einem Zeit-punkt erklärt, der noch nicht zur Verjährung seiner Ansprüche geführt hätte. Das OLG hatte der WEG versagt, sich auf diesen Miteigentümer zu berufen, der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits Mitglied der Eigentümergemeinschaft war. Dies mit der Begründung, die WEG habe bei der Beschlussfassung nicht ausdrücklich dessen noch nicht verjährte Ansprüche mit aufgenommen. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Klage nur auf die übergeleiteten Ansprüche gestützt war, die zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt waren.
Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch Dritte
Die Erwerber können einen Dritten mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums bevollmächtigen. Bei wirksamer Bevollmächtigung ist der einzelne Eigentümer an die Abnahme des Dritten gebunden und muss sie gegen sich gelten lassen. Später hinzutretende Eigentümer sind jedoch nach der Rechtsprechung des BGH an diese Abnahme nicht gebunden.
An Regelungen, die eine Abnahme durch den Verwalter oder den Verwaltungsbeirat vorsehen, wird kritisiert, dass diesem Personenkreis häufig die nötige Fachkunde fehle und mit der Benennung wesentlich in die Rechtsstellung des Erwerbers eingegriffen werde. Handelt es sich bei Bauträger und Verwalter um ein und dieselbe Person, liege überdies eine Interessenkollision vor. Vorzugswürdig erscheint es, einen öffentlich bestellten und vereidigten Bausachverständigen mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums zu beauftragen. Das OLG Düsseldorf hat hier deutliche Worte gefunden. Es sieht jede Klausel in den AGB eines Bauträgervertrages, in der die Abnahme unwiderruflich einer bestimmten Person, insbesondere dem vom Bauträger eingesetzten Erstverwalter, übertragen wird, als unwirksam an. Zwingend notwendig ist, so das OLG, der eindeutige Hinweis darauf, dass eine solche Vollmacht im Bauträgervertrag frei widerruflich ist. Zudem soll nur eine Person benannt werden dürfen, die neutral ist, also nicht aus dem Lager des Bauträgers stammt. Die Benennung des TÜV im Vertrag soll möglich sein, da er als unparteiisch angesehen wird.
Eine Entscheidung des OLG München zu diesem Thema zeigt die Bedeutung der Abnahme als rechtsgeschäftliche Erklärung. Im Bauträgervertrag war als Klausel aufgenommen worden, dass die Abnahme des Gemeinschaftseigentums für die einzelnen Käufer durch einen vereidigten Sachverständigen erfolgt, den der Verkäufer auf seine Kosten beauftragt. Der Käufer erteilte dem vom Verkäufer beauftragten Sachverständigen in der Urkunde Vollmacht zur Abnahme. Diese Klausel ist vom OLG als unwirksam gewertet worden. Die vom Bauträger gestellte Klausel benachteiligt die Erwerber unangemessen. Sein eigenes Recht zur Abnahme wird dadurch verdrängt. Bei dieser Klausel hätte er selbst dann keine Möglichkeit, eine gegen ihn wirkende Abnahmeerklärung zu verhindern, wenn er der Ansicht ist, dass die Abnahmereife nicht vorliegt. Die Klausel ist deshalb unwirksam. Dem Sachverständigen wurde somit durch die unwirksame Klausel keine wirksame Vollmacht seitens der Erwerber erteilt. Infolge dessen war die vom Sachverständigen erteilte Abnahmeerklärung unwirksam. Allein durch den Einzug der Erwerber in ihre Wohnungen lag nach der zutreffenden Ansicht des OLG keine Abnahme durch Ingebrauchnahme vor. Denn auch eine konkludente Abnahme beinhaltet eine Willenserklärung. In dem Einzug kann aber keine Willenserklärung gesehen werden, da die Erwerber aufgrund der (unwirksamen) Klausel bei dem Einzug in die Wohnungen kein entsprechendes Erklärungsbewusstsein hatten. Eine Abnahmewirkung war deshalb nicht eingetreten.
Davon zu unterscheiden ist die Fallgestaltung im Urteil des OLG Koblenz vom 08.04.2013. Dort war im Vertrag mit dem Erwerber aufgenommen worden, dass die Abnahme durch einen Sachverständigen bereits erfolgt war, und der (spätere) Erwerber diese als wirksam anerkannte. Eine solche Klausel verstößt nach der Ansicht des OLG nicht gegen §§ 307 ff BGB und ist wirksam. Insbesondere werde durch eine solche Klausel keine Erklärung des Erwerbers fingiert, da nicht seine eigne Abnahmeerklärung herbeigeführt werden sollte, sondern die zuvor von einem Dritten, dem Sachverständigen, bereits tatsächlich abgegebene Erklärung als wirksam anerkannt wurde. Der BGH hat allerdings im Jahr 2016 eine Klausel für unwirksam erklärt, durch die ein späterer Erwerber an eine durch frühere Erwerber bereits erfolgte Abnahme gebunden sein soll. Durch eine solche Klausel wird die Gewährleistungsfrist des späteren Erwerbers in nicht zulässiger Weise verkürzt. Dem Bauträger ist es verwehrt, sich gegen den eingeklagten Vorschuss für die Ersatzvornahmekosten darauf zu berufen, dass mangels Abnahme noch das Erfüllungsstadium andauere, deshalb keine Mangelrechte gemäß § 637 Abs. 3 BGB geltend gemacht werden könnten.
Stillschweigende Abnahme des Gemeinschaftseigentums
Insbesondere bei unwirksamer Bevollmächtigung des Verwalters kommt eine still&Shy;schweigende Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch jeden einzelnen Wohnungseigentümer (z. B. durch Bezug der Wohnung und vorbehaltlose Kaufpreiszahlung) in Betracht. Eine stillschweigende Abnahme durch Benutzung setzt jedenfalls eine längere Nutzungsdauer voraus, während der das Gemeinschaftseigentum überprüft werden kann. Hat der Erwerber bereits Mängel gerügt und hält daran fest, scheidet eine konkludente Abnahme durch die weitere Benutzung aus.
Mit der Widerrufbarkeit einer dem Bauträger erteilten Vollmacht zur nachträglichen Änderung der Teilungserklärung ohne Eingriffe in das Sondereigentum hat sich das OLG München befasst. Die Vollmacht ist nur aus wichtigem Grund widerrufbar. Dieser liegt vor, wenn die vom Bauträger beabsichtigte Änderung es unmöglich machen würde, das dem Erwerber zugesagte Teileigentum an einem Garagenstellplatz zu verschaffen.
1. Die Miete
Die Überlassung einer Sache an einen anderen ist im BGB unter zwei Gesichtspunkten geregelt: Erfolgt die Überlassung kostenlos, handelt es sich um Leihe (§§ 598 – 606 BGB). Ist dafür ein Entgelt zu bezahlen, handelt es sich um Miete.
1.1 Gesetzliche Grundlagen nach BGB
Miete ist die auf Vertrag beruhende zeitweilige Gewährung zur Nutzung oder zum Gebrauch einer Sache seitens des Vermieters gegen Entrichtung eines Entgeltes seitens des Mieters. Für alle Mietverhältnisse gelten die „allgemeinen“ Vorschriften der §§ 535 – 548 BGB. Die Regelungen für das Vermieten von Wohnraum bilden den Hauptteil der mitrechtlichen Vorschriften des BGB. Vermietet werden können aber auch Autos, Grundstücke, Räume, die kein Wohnräume sind (dazu auch die § 578 BGB), Schiffe (auch § 578 a BGB), und andere Sachen. Für Pachtverhältnisse sind neben den o. g. allgemeinen Vorschriften gesonderte Regelungen in den §§ 581 ff BGB enthalten.
Für Streitigkeiten aus Wohnraummietverträgen ist unabhängig von der Höhe des Streitwerts das Amtsgericht als erstinstanzliches Gericht zuständig. Bei allen anderen Mietverträgen richtet sich diese erstinstanzliche Zuständigkeit nach dem Streitwert, so dass bei Streitigkeiten mit einem Gegenstandswert von mehr als 5.000,00 € das Landgericht zuständig ist. Bei „gemischten“ Verträgen, die sowohl Wohnraum- als auch andere Miete (z. B. gewerbliche) zum Gegenstand haben, richtet sich die Zuständigkeit nach dem Schwerpunkt des Vertrages. Liegt diese, was in der Regel angenommen wird, bei der Wohnraummiete, ist das Amtsgericht zuständig.
Wohnungsmieten unterliegen i. d. R. umfangreichen Beschränkungen zum Schutze der Mieter oder sind aufgrund öffentlicher Forderungen mit entsprechenden Bedingungen fixiert. Gewerbliche Mieten sind im weitest gehenden Sinne frei vereinbar, unterliegen im Streitfalle von Grundsatz her den Bestimmungen über Wohnraummietverhältnisse.
Der Unterschied zwischen Miet- und Pachtvertrag liegt darin, dass der Mieter die Sache (nur) nutzen darf, während der Pächter die Früchte daraus ziehen darf. Ein leerer Gewerberaum wird demnach vermietet. Eine Gaststätte, die so eingerichtet wurde, dass mit dem Inventar bewirtschaftet werden kann, also die „Früchte“ aus dem Inventar (der Theke, der Zapfanlage, den Tischen etc) gezogen werden können, ist dagegen verpachtet.
Auszug aus dem BGB:
Titel 5. Mietvertrag, Pachtvertrag
Untertitel 1. Allgemeine Vorschriften für Mietverhältnisse
§ 535 Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags. (1) 1Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch einer Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. 2Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. 3 Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.
(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.
In den folgenden Paragraphen werden die allgemeinen schuldrechtlichen Fragestellungen geregelt. Hierzu gehören insbesondere:
Untertitel 2. Mietverhältnisse über Wohnraum
§ 549 Auf Wohnraumverhältnisse anwendbare Vorschriften. (1) Für Mietverhältnisse über Wohnraum gelten die § 535 bis 548, soweit sich nicht aus den §§ 549 bis 577a etwas anderes ergibt.
In den weiteren Absätzen dieses Paragraphen wird die Höhe der Miete bei Mietbeginn begrenzt, wenn die Wohnung in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt, der Ausschluss von Mieterhöhungsansprüchen wird für bestimmten Fällen bestimmt ebenso gibt es Einschränkungen beim Kündigungsschutz, das Vorkaufsrecht des Mieters bei Umwandlung von Mietwohnungen in Wohnungseigentum entfällt, für:
Die §§ 550-555 regeln formelle Fragen der Mietvertragsgestaltung, insbesondere Themen wie
Die Vorschriften zur Miethöhe und zur Kündigung (§§ 556-577a BGB) sind für die Praxis wohl wesentlichsten Regelungen.
Untertitel 3. Mietverhältnisse über andere Sachen
§ 578 Mietverhältnisse über Grundstücke und Räume. (1) Auf Mietverhältnisse über Grundstücke sind die Vorschriften der §§ 550, 562 bis 562 d, 566 bis 567 b sowie 570 entsprechend anzuwenden.
(2) Auf Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, sind die in Absatz 1 genannten Vorschriften sowie § 552 Abs. 1, § 555a Absatz 1 bis 3, §§ 555b, 555c Absatz 1 bis 4, § 555d Absatz 1 bis 6, § 555e Absatz 1 und 2, § 555f und § 569 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. § 556c Absatz 1 und 2 sowie die auf Grund des § 556c Absatz 3 erlassene Rechtsverordnung sind entsprechend anzuwenden, abweichende Vereinbarungen sind zulässig. Sind die Räume zum Aufenthalt von Menschen bestimmt, so gilt außerdem § 569 Abs. 1 entsprechend.
Untertitel 4. Pachtvertrag
§ 581 Vertragstypische Pflichten beim Pachtvertrag. (1) 1Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstandes und den Genuss der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzeit zu gewähren. 2Der Pächter ist verpflichtet, dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten.
(2) Auf den Pachtvertrag mit Ausnahme des Landpachtvertrags sind, soweit sich nicht aus den §§ 582 bis 584 b etwas anderes ergibt, die Vorschriften über den Mietvertrag entsprechend anzuwenden.
1.2 Mietzins: Berechnungsgrundlagen
Grundsätzlich besteht in Deutschland Vertragsfreiheit. Das bedeutet, dass Vertragsparteien frei entscheiden können, zu welcher Gegenleistung sie sich verpflichten, um die gewünschte Leistung zu erhalten. Dieser Grundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt. Dort, wo es um das Wohnen, damit um eine elementare Grundlage der Lebensführung geht, muss eine Kontrolle und Einschränkung erfolgen, damit eine Position mit überwiegender Marktmacht nicht unbeschränkt ausgenutzt werden kann. Das hat zu dem Begriff des „sozialen Mietrechts“ geführt. Geregelt werden dadurch neben dem Kündigungsschutz insbesondere die Möglichkeiten der Mieterhöhung, jetzt auch die Höhe der Miete bei Mietbeginn.
Gesondert zu betrachten sind die Regelungen zu den Nebenkosten. Im Zusammenhang mit der Festlegung und Überprüfung von Mietentgelten, d.h. von Wohnraummieten werden üblicherweise die Definitionen der "Zweiten Berechnungsverordnung", (II.BV), der Wohnflächenverordnung (WoFlV), der Betriebskostenverordnung (BetrKV) und der Neubaumietenverordnung (NMV) herangezogen.
Die Betriebskosten sind dann vom Mieter zu tragen, wenn dies im Mietvertrag vereinbart wurde. Dies folgt aus §556 BGB. Die Norm verweist auf die Betriebskostenverordnung als Berechnungsgrundlage.
Lediglich für die Betriebskosten verweist § 556a BGB verweist auf die Wohnfläche als Abrechnungsmaßstab. Die eigentliche Miete ist nicht durch gesetzliche Vorgaben an die Größe der Wohnung geknüpft, solange es sich um freien, also nicht durch staatliche Mittel geförderten Wohnraum handelt.
Merke:
Abgesehen vom geförderten Wohnungsbau existiert keine gesetzliche Verpflichtung zur Anwendung einer bestimmten Berechnungsgrundlage für die Höhe der Miete. Dies wird jetzt allerdings ergänzt durch die Regelungen zur Miethöhe bei Mietbeginn, wenn die Wohnung in einem Gebiet mit „angespannten Wohnungsmärkten“ liegt, (§ 556 d BGB).
2. Mietzinsvereinbarung
Der Mietzins ist das Entgelt für das Überlassen des Gebrauchs der Mietsache während einer Mietzeit (§ 535 BGB). Seine Höhe richtet sich nach der Vereinbarung im Mietvertrag. Zur Fälligkeit bestimmt § 556 b BGB, dass diese spätestens bis zum dritten Werktag des jeweiligen Zahlungszeitraums eintritt. Daraus folgt, dass nach Ablauf des dritten Werktages automatisch Verzug eintritt, wenn die Mietzahlung nicht beim Vermieter eingegangen ist.
In der Mietzinsvereinbarung ist anzugeben, ob Nebenkosten in der Miete enthalten sind (sog. Warmmiete), ob sie pauschal (d. h. ohne gesonderte Abrechnungspflicht) durch abzurechnende Umlagen neben der sogenannten Grundmiete anfallen.
Mieten werden:
Die Miethöhe, welche auf dem Markt erzielbar ist, wird auch von den Mietnebenkosten (umlagefähigen Bewirtschaftungskosten, d.h. den Betriebskosten), die der Mieter bei entsprechender Vereinbarung zusätzlich zur Kaltmiete zu tragen hat, beeinflusst.
2.1 Verstoß gegen die guten Sitten (Wucher)
Trotz aller Vertragsfreiheiten über die Höhe der Miete sieht der Gesetzgeber immer einen Interessensausgleich vor, der meist den Schwächen (i. d. R. den Mieter) schützen soll.
Eine Mietzinsvereinbarung, die gegen die guten Sitten verstößt, ist immer nichtig (§ 138 BGB). Dies kann der Fall sein, wenn die Miete in einem auffälligen Missverhältnis zu den Leistungen des Vermieters steht und der Vermieter die Unerfahrenheit, Notlage oder den Leichtsinn des Mieters ausgenutzt hat. Bei gewerblichen Mietverhältnissen liegt ein auffälliges Missverhältnis nach Ansicht des OLG Düsseldorf, Urteil v. 04.02.2015, vor, wenn die vereinbarte Miete um 100% höher ist als der objektive Marktwert der Gebrauchsüberlassung.
§138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher. (1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die gute Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Eine gesonderte Regelung dazu enthält § 5 Wirtschaftsstrafgesetz. Dort heißt in § 5 Abs. 2:
(2) Unangemessen hoch sind Entgelte, die infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen die üblichen Entgelte um mehr als 20 vom Hundert übersteigen, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für die Vermietung von Räumen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage oder damit verbundene Nebenleistungen in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen der Betriebskosten abgesehen, geändert worden sind. Nicht unangemessen hoch sind Entgelte, die zur Deckung der laufenden Aufwendungen des Vermieters erforderlich sind, sofern sie unter Zugrundelegung der nach Satz 1 maßgeblichen Entgelte nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung des Vermieters stehen.
2.2 Mietpreisbremse
Neu in das BGB aufgenommen wurde die sogenannten „Mietpreisbremse“ (§ 556 d BGB). Sie besagt, dass Neumieten "in angespannten Wohnungsmärkten" nur noch um zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegen dürfen. Die Landesregierungen können Rechtsverordnungen erlassen, die festlegen, welches Gebiet als eines mit angespanntem Wohnungsmarkt anzusehen ist. Die Zuordnung kann für höchstens fünf Jahre erfolgen.
Hatte bereits der Vormieter eine Miete bezahlt, die über der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich 10 % lag, kann auch die neue Miete in dieser Höhe vereinbart werden. Das gilt allerdings nicht für Mieterhöhungen, denen der alte Mieter in dem letzten Jahr vor der Beendigung seines Mietverhältnisses zugestimmt hatte (§ 556 e BGB).
Für Modernisierungen innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn des Mietverhältnisses gilt, dass die zulässige Anfangsmiete um den Ansatz erhöht werden darf, um den die Miete aufgrund der Modernisierungsmaßnahmen nach den dafür geltenden Regelungen (§§ 559 ff BGB) erhöht werden darf.
3. Mieterhöhungen
Falls Mieter und Vermieter nicht preisgebundener Wohnungen sich auf keine Mieterhöhung einigen, kann der Vermieter eine Mieterhöhung mit Hilfe des in den §§ 557-560 BGB geregelten Mieterhöhungsverfahren durchsetzen. Unzulässig ist es, dass ein Vermieter kündigt, um eine höhere Miete zu erzwingen.
Für preisgebundene Wohnungen gilt, dass nur eine sog. Kostenmiete verlangt werden darf. Die Miete darf nur in der Höhe verlangt werden, die erforderlich ist, um die anfallenden Kosten zu decken. Dementsprechend sind Mieterhöhungen auch nur dann zulässig, wenn die Kosten gestiegen sind, ohne dass der Vermieter dies verschuldet hätte. Die Mieterhöhung ist dementsprechend zu begründen (dazu unter Ziffer 6.).
Mieterhöhung durch Vereinbarung:
§ 557 Mieterhöhungen nach Vereinbarung oder Gesetz (1) Während des Mietverhältnisses können die Parteien eine Erhöhung der Miete vereinbaren.
(2) Künftige Änderungen der Miethöhe können die Vertragsparteien als Staffelmiete nach § 557a oder als Indexmiete nach § 557b vereinbaren.
(3) Im Übrigen kann der Vermieter Mieterhöhungen nur nach Maßgabe der §§ 558 bis 560 verlangen, soweit nicht eine Erhöhung durch Vereinbarung ausgeschlossen ist oder sich der Ausschluss aus den Umständen ergibt.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
3.1 Staffelmiete
Die Staffelmiete kommt nur auf freiwilliger Basis zustande. Kein Mieter kann gezwungen werden, einen bestehenden Mietvertrag mit Vergleichsmiete auf Staffelmiete umzustellen. Bei der Staffelmiete können Vermieter und Mieter die Mieterhöhungen bereits vorher durch Vereinbarungen festlegen.
Für beide Parteien wird damit die künftige Mieterhöhung überschaubar und das komplizierte Mieterhöhungsverfahren nach Vergleichsmiete entfällt. Die Staffelmiete ist allerdings an die Einhaltung bestimmter Punkte gebunden.
§ 557 a Staffelmiete
(1) Die Miete kann für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe schriftlich vereinbart werden; in der Vereinbarung ist die jeweilige Miete oder die jeweilige Erhöhung in einem Geldbetrag auszuweisen (Staffelmiete).
(2) 1Die Miete muss jeweils mindestens ein Jahr unverändert bleiben. 2Während der Laufzeit einer Staffelmiete ist eine Erhöhung nach den §§ 558 bis 559b ausgeschlossen.
(3) 1Das Kündigungsrecht des Mieters kann für höchstens vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung ausgeschlossen werden. 2Die Kündigung ist frühestens zum Ablauf dieses Zeitraums zulässig.
(4) Die §§ 556d bis 556g sind auf jede Mietstaffel anzuwenden. Maßgeblich für die Berechnung der nach § 556d Absatz 1 zulässigen Höhe der zweiten und aller weiteren Mietstaffeln ist statt des Beginns des Mietverhältnisses der Zeitpunkt, zu dem die erste Miete der jeweiligen Mietstaffel fällig wird. Die in einer vorangegangenen Mietstaffel wirksam begründete Miethöhe bleibt erhalten.
(5) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
3.2 Indexmiete
Nur über einen schriftlichen Mietvertrag kann vereinbart werden, dass die Miete durch den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte bestimmt wird (§ 557 b BGB). Weitere Voraussetzung ist neben der Schriftform
Als Folge einer wirksam vereinbarten Indexmiete sind
§ 557b Indexmiete
(1) Die Vertragsparteien können schriftlich vereinbaren, dass die Miete durch den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland bestimmt wird (Indexmiete).
(2) 1Während der Geltung einer Indexmiete muss die Miete, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 abgesehen, jeweils mindestens ein Jahr unverändert bleiben. 2Eine Erhöhung nach § 559 kann nur verlangt werden, soweit der Vermieter bauliche Maßnahmen aufgrund von Umständen durchgeführt hat, die er nicht zu vertreten hat. 3Eine Erhöhung nach § 558 ist ausgeschlossen.
(3) 1Eine Änderung der Miete nach Absatz 1 muss durch Erklärung in Textform geltend gemacht werden. 2Dabei sind die eingetretene Änderung des Preisindexes sowie die jeweilige Miete oder die Erhöhung in einem Geldbetrag anzugeben. 3Die geänderte Miete ist mit Beginn des übernächsten Monats nach dem Zugang der Erklärung zu entrichten.
(4) Die §§ 556 d bis 556 g sind nur auf die Ausgangsmiete einer Indexmietenvereinbarung anzuwenden.
(5) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
3.3 Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete
Mieter und Vermieter müssen gleichermaßen die Marktlage berücksichtigen. Um darüber eine Einschätzung zu erhalten, wurde als Begriff die ortsübliche Vergleichsmiete gemäß §558 Abs.2 eingeführt. Städte und Gemeinden haben die Aufgabe, diese ortübliche Vergleichsmiete durch Erhebungen zu ermitteln. Dafür sieht das BGB vor:
Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Mietpreisangaben in den Mietspiegeln i. d. R. nicht der aktuellen Marktmiete (Neuvermietungsmiete z. B. gem. ivd-Preisspiegel) entspricht, da eine Aktualisierung nur alle 2 Jahre, spätestens alle 4 Jahre, wenn er nach 2 Jahren an den Preisindex angepasst wurde, zu erfolgen hat (§ 558 d BGB). Die zuverlässigste Quelle versprechen Mietdatenbanken zu sein, deren Führung aber aufgrund des sehr hohen Aufwands sowie der datenschutzrechtlichen Problematik fraglich erscheint.
Der Vermieter kann vom Mieter eine Mieterhöhung verlangen, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Nicht ganz einfach sind Mieterhöhungen bei Teilinklusivmieten. Eine Teilinklusivmiete liegt vor, wenn die Nebenkosten (zum Teil) pauschal in die Miete einbezogen wurden. Sie sind dann nicht gesondert abzurechnen. Eine völlige pauschale Einbeziehung der Nebenkosten wird in der Regel nicht zulässig sein, da die Heizkostenverordnung die Umlage der Heizkosten zu mindestens 50 % nach Verbrauch vorschreibt. Davon ausgenommen sind lediglich Ein-oder Zweifamilienhäuser mit einer vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung. Liegt eine Teilinklusivmiete vor, müssen die zum Vergleich herangezogenen Wohnungen auch so vermietet sein, oder der Anteil der Betriebskosten ist herauszurechnen (was zu Streit darüber führen kann, wie hoch sie tatsächlich sind.). Für die Kappungsgrenze gilt die Teilinklusivmiete einschließlich der pauschalen Nebenkosten (BGH, Urt. V.19.11.2003, VIII ZR 160/03).
3.3.1 Form und Begründung von Mieterhöhungsverlangen
Der Vermieter muss dem Mieter sein Mieterhöhungsverlangen schriftlich mitteilen und begründen (§558a BGB). Der Vermieter muss den Brief unterschreiben.
Zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens kann der Vermieter zwischen 3 Möglichkeiten wählen. Diese 3 Begründungsmöglichkeiten sollen lediglich einen Hinweis auf die ortsübliche Vergleichsmiete geben. Gibt es für den Bereich, in dem die Wohnung liegt, einen qualifizierten Mietspiegel mit Angaben zu der Wohnung, muss der Vermieter bei seinem Erhöhungsverlangen diese Angaben auch mitteilen, wenn er auf eine der anderen Begründungsarten abstellt (§ 558 a Abs. 3 BGB).
3.3.2 Mietspiegel / Mietwerttabellen
Das sind Tabellen, in denen die ortsüblichen Quadratmetermieten aufgeführt werden. Besteht in der Gemeinde kein Mietspiegel, darf ein Mietspiegel aus einer vergleichbaren Gemeinde benutzt werden. Der Vermieter muss keine spezielle Begründung liefern, auch wenn er eine Miete am oberen Ende der Spanne verlangt. Dies wird im Gerichtsverfahren allerdings anhand der Zuordnung zu den einzelnen Wohnwertmerkmalen überprüft. Dazu das AG Dortmund: „Enthält der qualifizierte Mietspiegel Ober- und Unterspannen (hier: Dortmunder Mietspiegel 2002), ist zur Ermittlung der Vergleichsmiete die Wohnung innerhalb der Spannen mit Hilfe der fünf gesetzlichen Wohnwertmerkmale konkrete einzuordnen. (AG Dortmund, Az. 125 C 12622/04)
3.3.3 Sachverständigengutachten
Hier können oftmals nur Gutachten berücksichtigt werden, die von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstellt und ordnungsgemäß begründet werden.
3.3.4 Vergleichswohnungen
Es sind 3 identifizierbare Vergleichswohnungen zu benennen, für die bereits höhere Mieten gezahlt werden. Diese Vergleichswohnungen müssen nicht unbedingt wie ein Ei dem anderen gleichen. Die Vergleichswohnungen dürfen auch dem Vermieten gehören.
Bei allen drei nachfolgend angeführten Begründungsmöglichkeiten ist eine Mitwirkung von Sachverständigen/Architekten und Ingenieuren in folgender Art möglich:
4. Der Mietspiegel
Da § 558 BGB für jede Mieterhöhung (von Wohnraummiete) die Erhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zulässt, hatte sich in den Prozessen die Frage gestellt, wie das Gericht diese Höhe der Vergleichsmiete jeweils feststellen kann. In jedem Mieterhöhungsverfahren einen Sachverständigen zu beauftragen, war zumindest zeit- und kostenintensiv, unterschiedliche Ergebnisse bei unterschiedlichen Sachverständigen waren nicht auszuschließen. Deshalb wurde zur Vereinheitlichung im Jahr 1974 der Mietspiegel eingeführt. Zu unterscheiden ist zwischen „einfachem“ und qualifiziertem Mietspiegel.
4.1 Definitionen
§ 558c Mietspiegel. (1) Ein Mietspiegel ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden ist.
(2) Mietspiegel können für das Gebiet einer Gemeinde oder mehrerer Gemeinden oder für Teile von Gemeinden erstellt werden.
(3) Mietspiegel sollen im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung angepasst werden.
(4) 1Gemeinden sollen Mietspiegel erstellen, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht und dies mit einem vertretbaren Aufwand möglich ist. 2Die Mietspiegel und ihre Änderungen sollen veröffentlicht werden.
(5) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über den näheren Inhalt und das Verfahren zur Aufstellung und Anpassung von Mietspiegeln zu erlassen.
§ 558d Qualifizierter Mietspiegel. (1) Ein qualifizierter Mietspiegel ist ein Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist.
(2) 1Der qualifizierte Mietspiegel ist im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung anzupassen. 2Dabei kann eine Stichprobe oder die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland zugrunde gelegt werden. 3Nach vier Jahren ist der qualifizierte Mietspiegel neu zu erstellen.
(3) Ist die Vorschrift des Absatzes 2 eingehalten, so wird vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben.
Bei der Anwendung von Mietspiegeln ist zu berücksichtigen, dass unterschiedliche Erstellungen der Mietspiegel bzw. Kosten- / Preisansätze Vergleiche der Gemeinden miteinander oft problematisch machen.
Mietspiegel sollen für bestimmte Wohnungstypen die tatsächlich in der Gemeinde gezahlten Mieten angeben. Das Zahlen und muss so abgesichert sein, dass es nachvollziehbar ist. Wohngelddaten der Gemeinden oder gemeinnütziger Wohnungsunternehmen allein sind ungeeignet. Mietspiegel müssen durch Fortschreibung angeglichen werden.
Teilweise enthalten die Mietspiegel Betriebskosten und teilweise enthalten sie keine oder nur bestimmte Betriebskosten. Grundsätzlich sind Kaltmieten anzugeben. Hierauf hat sich auch die Befragung der Mieter und Vermieter zu richten. Die Mieten können - müssen aber nicht nach Spannbreiten angegeben werden, die sich im oberen und unteren Wert überdecken. Zu- und Abschläge können zusätzlich das Bild verändern.
Wichtig ist auch die Festlegung des Geltungsbereiches des Mietpreisspiegels. Er gilt insoweit nicht für Neubauten, als diese erstmals vermietet werden. Dies deshalb, weil der Mietspiegel nur für Erhöhungen heranzuziehen ist.
Gemäß BGB bildet ein Durchschnitt von ortsüblichen Mieten für vergleichbare Wohnungen, die in den letzten 4 Jahren neu vereinbart oder angepasst wurden, die Basis der Mietspiegelpreise.
Die meisten Mietspiegel sind aufgegliedert nach
§ 558e Mietdatenbank. Eine Mietdatenbank ist eine zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete fortlaufend geführte Sammlung von Mieten, die von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam geführt oder anerkannt wird und aus der Auskünfte gegeben werden, die für einzelne Wohnungen einen Schluss auf die ortsübliche Vergleichsmiete zulassen.
4.2 Unterschiede Mietspiegel – Qualifizierter Mietspiegel
Die Frage, ob es sich bei einem Mietspiegel um einen „einfachen“ oder qualifizierte handelt, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Dennoch sind einige Unterschiede durch den Gesetzgeber formuliert:
Mietspiegel
Qualifizierter Mietspiegel
Wann das Erfordernis einer Erstellung nach wissenschaftlichen Grundsätzen erfüllt ist, ist nicht abschließend geklärt. Zumindest muss eine Extremwertbereinigung erfolgen, müssen also die Mieten am unteren und oberen Ende ausgeschlossen werden. Die Auswahl der einbezogenen Wohnungen, die Analyse der Strukturen der jeweiligen Stadtteile, die Art und Weise der Auswertung muss in nachvollziehbarer, wissenschaftlichen Standards genügenden Weise erfolgen.
5. Vergleichsmieten aus Wohnungsvergleich
Stellt der Vermieter zur Begründung eines Anspruchs auf Zustimmung zur Mieterhöhung auf Vergleichswohnungen ab, muss er in seinem Schreiben die Mieten von mindestens 3 vergleichbaren Wohnungen aufführen (auch aus eigenem Besitz möglich), aus denen sich ergibt, dass die von ihm geforderte höhere Miete den dort aufgeführten Vergleichsmieten entspricht. Der Vermieter muss diese mit Anschrift und Namen des Mieters benennen.
Die vom Vermieter genannten drei Vergleichswohnungen müssen nicht im Einzelnen der Wohnung entsprechen, für die die Erhöhung verlangt wird. Ausreichend ist eine annähernde Ähnlichkeit bei Größe, Baujahr, Lage und Ausstattung. Dies deshalb, weil die genau zu benennenden Vergleichswohnungen dem Mieter lediglich die Möglichkeit geben sollen, die Vergleichbarkeit zu hinterfragen. Wenn er sie anzweifelt, wird es im gerichtlichen Verfahren zu einem Sachverständigengutachten kommen, durch das die tatsächliche Vergleichbarkeit geprüft wird. Dabei darf der Sachverständige nicht mehr allein auf Wohnungen des Vermieters in einem Anwesen bzw. in einer in seinem Eigentum stehenden Siedlung abstellen. Vielmehr muss er zur Wahrung der Vergleichbarkeit jetzt verschiedene Wohnungen aus einem breiteren Spektrum beiziehen (BGH, Urteil vom 03.07.2013 - VIII ZR 263/12). Liegen Abweichungen vor, sind entsprechende Abschläge bei der verlangten Miete vorzunehmen.
Auch für den Mietspiegel stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien er aufgestellt wurde.
5.1 Bewertungskriterien
Wohnungen können nach den folgenden Kriterien verglichen und bewertet werden:
5.2 Art des Gebäudes bzw. der Wohnung
Die Art des Gebäudes bzw. der Wohnung ist im Mietspiegel erfasst durch den Zeitpunkt der Errichtung (Baujahr) hier meist unterteilt in 4-5 Baualtersgruppen.
Diese Gruppen umfassen Zeitabschnitte, in denen eine zeittypische Art der Gestaltung, der Bauweise und der Ausstattung vorherrschend war.
Die Baualtersklassen sind überwiegend eingeteilt in die Baujahre:
2) Wichtige Anmerkung: Die Tabelle kann nicht schematisch angewandt werden. Die Höhe hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.
Die Grenzen zwischen diesen Baualtersgruppen sind fließend; das genaue Datum der Errichtung selbst ist also nicht maßgeblich und stellt keine Abgrenzung dar. Maßgeblich ist, inwieweit das Objekt der typischen Bauweise und Gestaltung der angeführten Baualtersgruppen entspricht. Somit sind z. B. bei Gebäuden, die nach teilweiser Kriegszerstörung wieder aufgebaut wurden, Art und Ausstattung der Wohnung für die Einordnung in eine Baualtersgruppe maßgeblich.
Wird ein altes Gebäude umfassend saniert und modernisiert stellt sich die Frage, ob es dem Baujahr der Errichtung zuzuordnen ist, oder ob als Baujahr dasjenige der Sanierung heranzuziehen ist. Letzteres wird nur dann infrage kommen, wenn tatsächlich eine sehr umfangreiche Sanierung stattgefunden hat, die in die Nähe eines Neubaus kommt (vgl. dazu § 16 Abs. 1 WoFG). Im Umfang darunter liegende Sanierungen werden nicht dazu führen, dass vom Baujahr abzuweichen ist. Allerdings können Zuschläge vorgenommen werden, wie sie in Mietspiegeln oft bereits vorgesehen sind. Dies auch deshalb, weil das Baujahr keines der Wohnwertmerkmale ist, sondern lediglich als Indiz für den baulichen Zustand des Gebäudes dienen soll.
Das Amtsgericht Berlin-Mitte hatte im Urteil vom 16.07.2012, Az. 20 C 42/12, dazu folgende Leitsätze aufgestellt:
Ist im Mieterhöhungsverlangen eine fehlerhafte Zuordnung zu einem Baujahr vorgenommen worden, z. B. weil der Umfang der Sanierung vom Sachverständigen nicht bestätigt wird, bleibt das Erhöhungsverlangen zwar inhaltlich fehlerhaft und damit (zunächst) unbegründet, aber formell wirksam (BGH, Urteil vom 3. Juli 2013 • Az. VIII ZR 267/12). Das hat zur Folge, dass der Vermieter im Lauf des Prozesses seine Begründung noch „nachbessern“ kann.
Die Auswirkungen der zeittypischen Merkmale werden durch die angegebenen Preisspannen weitestgehend erfasst. Zeittypische Merkmale sind z. B.:
Hierbei sind aber dann die besonderen Eigenschaften von Anbauwohnungen, wie z. B. Belichtung und Belüftung, verhältnismäßig großer Fluranteil oder durchgehende Zimmer, noch gesondert zu bewerten. Als nicht zeitgebundene Merkmale sind ebenfalls zu berücksichtigen:
Weiterhin sollte unter Art berücksichtigt werden - wenn auch nicht als wesentliches Merkmal - das Vorhandensein eines Haushaltskellers in ausreichender Größe mit Belüftung, das Vorhandensein von Waschküche, Trockenmöglichkeit oder Fahrradraum im Hause.
Einfamilienhäuser stellen als solche keine besondere Bewertungsgruppe dar. Die besonderen Eigenschaften können durch normale Bewertungskriterien erfasst werden.
Bei den Merkmalen ist hier ggf. zu berücksichtigen:
Alleinige Benutzung des gesamten Hauses, bei Gebäuden bessere Belichtung durch auch an den Seitenwänden mögliche Fenster, hierdurch ggf. bessere Raumaufteilung, Terrasse und Garten in Verbindung mit dem Wohnbereich, ggf. zusätzlich Balkon im Obergeschoss, gute architektonische Gestaltung.
Es werden nur selten Mietspiegel aufgestellt, die gesonderte Angaben für Einfamilienhäuser enthalten.
5.3 Größe, Raumzahl
Bei den Angaben der Flächen ist grundsätzlich das Ermittlungsverfahren (II.BV, DIN 277, DIN 283) zu prüfen.
Liegen die Größen unter oder über den im Mietspiegel erfassten Größen, ist bei der Ableitung hieraus die Progression oder Degression der Mietsätze bei abnehmender oder zunehmender Größe zu beachten.
Zu beachten ist zusätzlich hier aber auch Art und Ausstattung der Wohnungen.
Eine kleinere Wohnung, also z. B. ein Appartement unter 25 m2 Größe, bedingt zwar infolge der Progression einen Zuschlag, aber durch die Art mit dann vielfach eingeschränkten Bewegungsflächen oder die Eigenschaft, dass für Wohnen, Schlafen und Kochen ggf. nur ein Raum zur Verfügung steht, wiederum einen Abschlag.
Übergroße Innenflure, z. B. in Altbauwohnungen mit Anbau oder übergroße Dachterrassen von Penthaus-Wohnungen, sollten bei der Ermittlung der Wohnflächen voll gemäß der zugrunde gelegten gesetzlichen Regelung angesetzt werden. Hier sollte nicht ggf. unter Berücksichtigung der Übergröße und des geringeren Nutzungswertes ein Abschlag auf die Fläche vorgenommen werden.
Die Fläche der Wohnung ist oft vertraglich vereinbart und zugleich Berechnungsgrundlage für Nebenkosten. Sie sollte nicht durch zwangsläufig subjektive Wertung verändert werden.
Der ggf. im Hinblick auf den Nutzungswert zu hohe Flächen- und damit Mietpreisanteil an der Gesamtwohnung kann wiederum durch einen Abschlag auf den Mietsatz berücksichtigt werden.
5.4 Ausstattung
5.4.1 Angemessene Ausstattung
Nur die vom Vermieter eingebrachte Ausstattung kann gewertet werden. Angaben über ggf. vom Meter durchgeführte Änderungen oder Einbauten sind beim Ortstermin zu erfragen. Eine Differenzierung gem. Modernisierungsvereinbarung ist vorzunehmen.
Die z. Zt. der Errichtung übliche Ausstattung ist wiederum durch die Baualtersklasse des Mietspiegels erfasst, also ist hiervon abweichende bessere oder geringere Qualität wiederum durch Zu- und Abschläge innerhalb der anteiligen Spanne zu bewerten.
Abweichungen vom insgesamt normalen Ausstattungsstandard der zugrunde gelegten Baualtersklasse z. B. durch Modernisierung oder eine sehr einfache Ausstattung sollen durch Zu- und Abschläge im Vergleich zu den Preisangaben für Baualtersgruppen, in denen diese Ausstattung üblich war, erfasst werden.
Ein geringer Umfang der Elektro-Installation mit nur 1-2 Steckdosen je Zimmer und ohne Kochstrom ist für in den 50er Jahren errichtete Gebäude als zeittypisch anzusehen, bei später errichteten Gebäuden ist jedoch hierfür ein Abschlag anzusetzen. Ähnlich ist z. B. ein geringer Umfang der Wandplattierung, evtl. nur Ölsockel im Bad oder eine sehr einfache Estrichausbildung mit nur geringer Schalldämmung zu werten.
So sind z. B. moderne Fenster mit Isolierverglasung erst ab Mitte der 70er Jahre als Normalstandard anzusehen. Bei Einbau in Wohnungen einer früheren Baualtersklasse ist hierfür ein Zuschlag anzusetzen.
Bei weitgehender Modernisierung oder einer Vollmodernisierung können sich aus diesen Zuschlägen angemessene Mietsätze ergeben, die den Mietsätzen für spätere Baualtersklassen entsprechen. Hierzu gibt z. B. der Kölner Mietspiegel den Hinweis, dass für umfassend modernisierte Altbauwohnungen (neuzeitlichen Ansprüchen gerecht werden) in etwa die Mietsätze der Baualtenklasse III (1962 - 1971) anzusetzen sind.
Eine besondere Ausstattungsgruppe stellen Wohnungen dar, die eine Toilette außerhalb der abgeschlossenen Wohnung, z. B. im Treppenhaus, besitzen.
Mietpreisangaben hierzu wurden jedoch z. B. im Kölner Mietspiegel von 1994 nur für Wohnungen, die bis 20.06.1948 errichtet wurden, angegeben.
Hiernach betrug die Mietpreisdifferenz zwischen Wohnungen (ohne Heizung, ohne Bad) mit WC im Treppenhaus zu Wohnungen mit innerhalb liegendem WC rd. 75 - 55 % bezogen auf die niedrigen Mietspannenwerte.
Bei Überprüfung von Wohnungsmieten aufgrund von Klagen von Mietern durch das Amt für Wohnungswesen wurden vielfach Abschläge von ca. 10 - 12 % angesetzt.
Bei der Bemessung des Abschlages sollte berücksichtigt werden, ob die Toilette nicht mit anderen Parteien gemeinsam benutzt wird und ob z. B. wenigstens ein Waschbecken vorhanden ist. Zu werten ist auch, ob es sich z. B. um ein Gebäude mit vielen Mietparteien und dementsprechend starker Benutzung des Treppenhauses handelt, oder um ein kleines Gebäude bzw. um eine Wohnung im obersten Geschoss.
5.4.2 Besondere Ausstattung:
Gemäß der Definition in den Erläuterungen des Mietspiegels muss die Ausstattung in mehreren Merkmalen über der durchschnittlichen Ausstattung der anzusetzen Baualtersklasse liegen.
Falls also in der zu bewertenden Wohnung nur ein oder zwei Merkmale vorhanden sind, oder deren Qualität nur in einem geringen Maße über der durchschnittlichen Standardqualität liegt, sind hier wieder abgestufte Zuschläge entsprechend der Gesamtdifferenz der Mietpreisangaben anzusetzen.
Die sich hieraus ergebenden Zuschläge entsprechen in etwa, z. B. bei Isolierglasfenstern, den Zuschlägen, die sich aus dem Vergleich mit anderen Baualtersklassen ergeben.
Bei der Einstufung eines Bodenbelages als außergewöhnlich gut ist ein kritischer Maßstab anzulegen.
Ebenso ist bei einer zusätzlichen separaten Toilette oder einem Zweitbad zu unterscheiden, dass diese für eine 2- oder 3-Zimmer-Wohnung einen Ausstattungsvorteil darstellen, für eine 4- oder 5-Zimmer-Wohnung aber eine notwendige Grundausstattung.
Ein großer Balkon sollte so bemessen sein, dass z. B. Liegestühle in Richtung zum Garten aufgestellt werden können oder Platz für einen Kaffeetisch vorhanden ist. Der Balkon sollte günstig zu den Himmelsrichtungen liegen und einen freundlichen Ausblick bieten. Die Verbindung zum Wohnbereich sollte durch eine breite Fenstertüre gegeben sein.
Enthalten in der Aufzählung als Einzelmerkmal sind auch Einbauküchen. Jedoch schon aufgrund der Mietdifferenz zwischen normaler Ausstattung und besonderer Ausstattung können komplette moderne Einbauküchen mit Einbauteilen im Hinblick auf die Kosten hierdurch nicht erfasst werden.
Zu verstehen hierunter sind einfache Blockküchen oder z. B. auch einfache Einrichtungen, die z. B. im Zusammenhang mit bestimmten Förderungsprogrammen im Sozialen Wohnungsbau seinerzeit vom Vermieter beigestellt wurden.
Bei Einbauschränken sind ebenfalls Art und Qualität sehr kritisch zu betrachten. Vielfach sind einfache Einbauschrank-Einrichtungen, die nur aus der Vorderwand mit Türe vor einer Wandnische bestehen, anstelle des allgemein üblichen Abstellraumes in der Wohnung erstellt worden.
Aufzugsanlagen werden in der Beschreibung der Ausstattungsmerkmale im Mietspiegel nicht erwähnt. Hier sollte nur ein geringer Zuschlag angesetzt werden im Hinblick auf die durch die Aufzugsanlage für den Mieter entstehenden teilweise hohen Nebenkosten.
Möblierte Wohnungen:
Grundsätzlich sind die unmöblierte Wohnung und die Möblierung getrennt zu werten.
Für vorhandene Möbel, z. B. in einer möblierten Studentenwohnung, können im allgemeinen 30 % des - Zeitwertes p. a. für Amortisation und Instandhaltung angesetzt werden.
Der Zeitwert der Möbel sollte wiederum sehr kritisch bemessen werden. Oft ist erkennbar, dass es sich um alte ausrangierte Möbel des Vermieters handelt, die dann noch trotz unterschiedlicher Stilart der Möbel zusammen in einem Zimmer aufgestellt werden.
Einfamilienhäuser:
Schon aus den vorstehenden Ausführungen zur Art ergeben sich Zuschläge zu den Mieten für normale Geschosswohnungen. Überwiegend müssen hier Zuschläge für besondere Ausstattung hinzugerechnet werden.
Mietsätze, die ca. 20 % über den Mietsätzen für normale Wohnungen liegen, können sich so ohne weiteres ergeben, teilweise auch noch darüber. Zu beachten ist jedoch ggf. die den Wert mindernde übergroße Wohnfläche.
5.5 Beschaffenheit der Wohnungen und des Gesamtobjektes
Hier ist der vom Vermieter zu vertretende Unterhaltszustand der allgemein benutzten Teile des Gebäudes und der Wohnung zu werten.
Bei alten Gebäuden sollte ein nicht zu kritischer Maßstab angelegt werden. Der altersbedingte Allgemeinzustand wird hier wieder teilweise durch die anzusetzende Baualtersklasse mit niedrigen Mietsätzen erfasst.
Bei Mängeln der Beschaffenheit ist zu unterscheiden, ob sie z. B. mehr eine optische Beeinträchtigung darstellen, z. B. beschädigte Fliesen im Bad nach einer Leitungsreparatur, oder ob die Wohnfunktion beeinträchtigt ist, z. B. durch ein nicht schließendes Fenster infolge eines ausgerissenen Scharniers.
Mängel der Beschaffenheit, die noch in begrenztem Rahmen liegen, werden wiederum durch Zu- und Abschläge erfasst. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, ob Mängel schon über einen längeren Zeitraum hinweg bestehen. Insgesamt sollte gewertet werden, ob Gebäude und Wohnung laufend sorgfältig oder ggf. nur nachlässig unterhalten werden.
Hierbei jedoch nicht berücksichtigt sind Mängel, die (mit geringen Mitteln) behebbar sind.
Vermeintliche, vom Mieter vorgetragene Funktionsmängel sind ebenfalls kritisch zu werten. Die vom Mieter empfundene Beeinträchtigung kann begründet sein durch die typische Bauweise der zugrunde zulegenden Baualtersklasse. Z. B. einfache Holzfenster aus den 50er Jahren mit Einfachverglasung bedingen oft eine Abkühlung in Fensternähe, die vom Mieter als eine Zugerscheinung bezeichnet wird.
Ratsam ist es, die vom Mieter vorgetragenen Mängel- und Beanstandungen im Gutachten in einem besonderen Abschnitt anzuführen und einzeln mit Begründung hierauf einzugehen.
5.6 Lage des Objektes / der Wohnung im Gebäude und örtlich
Die Beurteilung muss sich immer auf den allgemeinen Ortsdurchschnitt also Geltungsbereich des Mietspiegels, oder Bezugsbereich bei eigenem Datenmaterial beziehen.
Z.B. "mittlere Wohnlage" bezieht sich in Städten durchweg auf geschlossene Bauweise an Straßen mit normalem Straßenverkehr, dagegen in kleineren Städten und Gemeinden auch auf Lagen mit aufgelockerter Bebauung mit teilweise 1 - geschossiger Bauweise.
Dafür wird z. B. in Köln weiterhin unterschieden in "mittlere Wohnlage (gut)" und "sehr gute Wohnlage", in kleineren Städten ist "gute Wohnlage“ die oberste Stufe.
Zu werten bei den Lageeigenschaften sind die Art des - Wohnumfeldes z. B. freundliche aufgelockerte Bebauung mit Durchgrünung oder ordentliche geschlossene Bebauung, ggf. mit Vorgärten und Straßenbäumen, oder auch uneinheitliche, ggf. vernachlässigte Altbebauung.
Gleichfalls zu werten sind die Infrastruktur der Wohnlage, die Verkehrsanbindung und z. B. die Entfernung bis zum Stadtzentrum.
Hierbei ist jedoch wieder die Gesamtsituation zu sehen. Z.B. eine "sehr gute Wohnlage" ist selten im Stadt- oder Vorortskern gelegen mit Geschäften und schneller Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, deshalb ist hier die Forderung nach verkehrsgünstiger Lage zu relativieren.
Eine Einordnung in "einfache Wohnlage" wird ausschließlich bedingt durch über dem Durchschnitt liegende und kontinuierliche Beeinträchtigung durch Lärm und Geruchseinwirkung nicht etwa durch einfache ältere Bebauung in der Umgebung.
Auch hier wiederum sind die Beeinträchtigungen je nach Ausmaß abgestuft zu werten, z. B. Straßenkreuzung mit Ampelanlage mit starkem LKW-Verkehr bei Tag und bei Nacht in Hafennähe oder Lage in der Einflugschneisen, ggf. aber auch nur verstärkter Straßenverkehr zu einzelnen Spitzenzeiten.
Für Stadtlagen wiederum, die nach ihren sonstigen Eigenschaften voll als “mittlere Wohnlage" einzustufen sind, kann sich, begründet durch ihre Nähe zu bedeutenden öffentlichen Einrichtungen, wie Universitätsbereich, Krankenanstalten, aber auch für Stadtbereiche mit einem besonderen ausgeprägten Charakter durch Vergleich ein Mietniveau ergeben und somit angesetzt werden, das den Werten für "gute" - "sehr gute Wohnlage" entspricht.
Andererseits sind aber sog. "repräsentative Adressen" oft nur für einen begrenzten Mieterkreis von Wert, sollten somit in der Bewertung nicht oder nur gering berücksichtigt werden.
Randlage
Wesentlich ist die Entfernung zu Einkaufsmöglichkeiten und Gemeinschaftseinrichtungen sowie schlechte Verkehrsanbindung. Hierbei sollte jedoch nicht nur die Entfernung zur Stadtmitte berücksichtigt werden, sondern ggf. Nebenzentren.
Ein Teil der Nachteile von Randlagen kann wiederum ausgeglichen werden durch andere Vorteile, wie besonders ruhige Wohnlage, Waldnähe usw.
6. Kostenmiete (NMV)
Die Kostenmiete wird beim Mieterhöhungsverfahren im freien Wohnungsbau nicht angewendet. Bei den mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen und bei steuerbegünstigten Wohnungen wird sie eingesetzt.
Die Kostenmiete kann jedoch als Basis für die Mietansätze bei der Erstvermietung oder Weitervermietung dienen, da sie dazu dient, die Rentabilität eines Grundstückes mit aufstehenden Gebäuden auf der Grundlage eines Wirtschaftsplanes auszuweisen. Die Mieteinnahmen sollen dabei die Aufwendungen nach Abzug sonstiger Erträge decken. Die Kostenmiete setzt sich zusammen aus:
a. Belastungen aus dem Kapitaldienst
b. Bewirtschaftungskosten
Um die Kostenmiete berechnen zu können, müssen die Gesamtkosten bekannt sein, die entweder nach DIN 276 oder nach anderen Verfahren, die Grundstücks- und Gebäudekosten ausweisen, zu ermitteln sind.
Die Gebäudekosten sind dabei mit dem Wert zum Zeitpunkt der Erstellung einzusetzen.
Die Gebäudekosten sind dabei mit dem Wert zum Zeitpunkt der Erstellung einzusetzen.
Bei einer Aussonderung ergibt sich eine Grundmiete, die stark von variablen Kostenansätzen befreit ist. Die Kostenmiete wird für das Gesamtobjekt oder für eine Einheit ermittelt. Sie kann gestaffelt für die einzelnen Wohnungen aufgeteilt werden, wenn besondere Lagevorteile vorhanden sind. Umlagen und Zuschläge werden in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht ausgewiesen.
Die erstmalige Bestimmung des Umlagemaßstabes oder Verteilerschlüssels obliegt dem Vermieter. Ist der Maßstab im Mietvertrag festgelegt, so kann er nur mit Mieterzustimmung geändert werden. Umlagen werden mit ausgewiesenen Kosten abgerechnet, wenn keine Kostenpauschalen vereinbart sind. Vorauszahlungen sind zulässig. Zuschläge können anfallen für die Nutzung von Wohnräumen zu anderen als Wohnzwecken (z. B. Untervermietung - erhöhte laufende Aufwendungen u. a.).
Ändern sich später die Voraussetzungen der ursprünglich bewilligten Miete, z. B. durch Umfinanzierung mit der Folge veränderter Kapitalkosten durch Umbau oder Modernisierung der Wohnung, so müssen die sich hieraus resultierenden Veränderungen der Miete wiederum von der Bewilligungsbehörde durch Bescheid genehmigt werden.
7. Mieterhöhung bei Modernisierungen
Nach einer Modernisierung darf der Vermieter die Miete erhöhen. Dabei werden pro Jahr 11 % des Modernisierungsaufwandes auf die Miete umgelegt.
Wurden die Kosten der Modernisierung auf den Mieter umgelegt, können sie bei der Einstufung der ortsüblichen Miete gemäß Mietspiegel nicht noch einmal berücksichtigt werden, da der Mieter sonst doppelt dadurch belastet würde.
§559 Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen
(1) Hat der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 566b Nummer 1, 3, 4, 5 oder 6 durchgeführt, so kann er die jährliche Miete um 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen.
(2) Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären, gehören nicht zu den aufgewendeten Kosten nach Absatz 1; sie sind, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.
(3) Werden Modernisierungsmaßnahmen für mehrere Wohnungen durchgeführt, so sind die Kosten angemessen auf die einzelnen Wohnungen aufzuteilen.
(4) Die Mieterhöhung ist ausgeschlossen, soweit sie auch unter Berücksichtigung der voraussichtlichen künftigen Betriebskosten für den Mieter eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Eine Abwägung nach Satz 1 findet nicht statt, wenn
(5) Umstände, die eine Härte nach Absatz 4 Satz 1 begründen, sind nur zu berücksichtigen, wenn sie nach § 555d Absatz 3 bis 5 rechtzeitig mitgeteilt worden sind. Die Bestimmungen über die Ausschlussfrist nach Satz 1 sind nicht anzuwenden, wenn die tatsächliche Mieterhöhung die angekündigte um mehr als 10 Prozent übersteigt.
(6) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Alte Fassung:
§ 559 Mieterhöhung bei Modernisierung. (1) Hat der Vermieter bauliche Maßnahmen durchgeführt, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken (Modernisierung), oder hat er andere bauliche Maßnahmen aufgrund von Umständen durchgeführt, die er nicht zu vertreten hat, so kann er die jährliche Miete um 11 vom Hundert der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen.
(2) Sind die baulichen Maßnahmen für mehrere Wohnungen durchgeführt worden, so sind die Kosten angemessen auf die einzelnen Wohnungen aufzuteilen.
(3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Beispiel: Die Modernisierungskosten für die Einrichtungen im Bad betragen 6.000,- €. Die Jahresmiete kann daher um 11 % von 6.000,- € 660,- €/Jahr angehoben werden, bzw. um 55,56 €/Monat.
Staatliche Zuschüsse sind bei der Berechnung der Umlage von den Modernisierungskosten abzuziehen (meist heute auslaufende Programme). Kosten für die reine Instandhaltung und Instandsetzung dürfen nicht umgelegt werden. Soweit die Modernisierung auch solche Maßnahmen umfasst, sind die darauf entfallenden Kosten von den Gesamtkosten abzuziehen.
Beispiel: Anstelle völlig schadhafter Fenster baut der Vermieter Fenster mit Isolierverglasung ein. Zu den Erhaltungskosten des Fensterrahmens mit Fensterflügel ist der Vermieter verpflichtet. Die Kostendifferenz zwischen Einfach- und Isolierverglasung kann umgelegt werden.
Der Vermieter muss seinen Mieterhöhungsanspruch dem Mieter schriftlich mitteilen. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn sie eine Kostenberechnung einschließlich notwendiger Erläuterungen enthält. Die höhere Miete infolge Modernisierung muss vom nächsten Monatsersten an gezahlt werden. Stichtag für die Erklärung des Vermieters ist dabei jeweils der 15. eines Monats.
Diese Fristen verlängern sich um 3 Monate, wenn der Vermieter dem Mieter die voraussichtliche Mieterhöhung vorher nicht mitgeteilt hat. Der Mieter hat auch nach Erhalt der Mieterhöhungserklärung noch ein außerordentliches Kündigungsrecht.
8. Mietminderung
Mietminderung kam der Mieter unter bestimmten Voraussetzungen durchsetzen. Je nach Tragweite des Mangels kann dies von einer teilweise Herabsetzung der Miete bis hin zum vollständigen Einbehalt der Mietzahlung führen (§ 536 a, b).
Der Gesetzgeber sieht keinen Anspruch auf Mietminderung bei unerheblichen Mängeln. Hauptkriterium ist die grundsätzliche Gebrauchsfähigkeit der Mietsache bzw. deren Einschränkung.
Der Anspruch auf Mietminderung und Schadenersatz durch einen Mangel an der Mietsache steht dem Mieter nicht zu, wenn er den Mangel beim Vertragsabschluss kennt (§536b).
§536 Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln. 1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
Minderung kam geltend gemacht werden, wenn
Beispiele für Fehler:
Fehler = Abweichungen vom vertragsgemäßen Gebrauch)
Mietminderungstabelle, nur Anhaltspunkte, keine zwingenden Vorgaben!
Dem Recht des Vermieters zur Erhöhung der Miete steht das Recht des Mieters gegenüber, auf eine Fortsetzung des Mietverhältnisses zu dieser höheren Miete zu verzichten und zu kündigen.
Dafür gibt das BGB für den Fall, dass eine Mieterhöhung im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete erfolgen soll, in den §§ 558 bis 560 bestimmte Fristen vor. Die auf den Zugang des Erhöhungsverlangens folgenden zwei Monate hat der Mieter Zeit, um über eine Zustimmung zur Mieterhöhung zu entscheiden. Stimmt er der verlangten Mieterhöhung innerhalb dieses Zeitraums zu, dann schuldet er die neue, erhöhte Miete mit Beginn des dritten Monats. Verweigert er die Zustimmung oder schweigt dazu, muss der Vermieter innerhalb von weiteren drei Monaten auf die Zustimmung zur Mieterhöhung klagen.
Der Mieter hat nach Zugang eines Mieterhöhungsverlangens aber auch ein Sonderkündigungsrecht. Wiederum innerhalb der beiden Monate, die auf den Zugang des Mieterhöhungsverlangens folgen, kann er das Mietverhältnis mit einer Frist von weiteren zwei Monaten kündigen.
Geht also ein Mieterhöhungsverlangen im Januar eines Jahres ein, kann der Mieter die beiden folgenden Monate überlegen, ob er zustimmt. Die Zustimmung ist somit bis zum Ende des Monats März zu erklären, die höhere Miete dann ab dem Monat April zu bezahlen.
Will er die Miete nicht zahlen und deshalb kündigen, kann er diese Kündigungserklärung bis zum Ende des Monats März abgeben, das Mietverhältnis endet dann zwei Monate später, also zum Ende des Monats Mai.
Der BGH hat am 25.10.2013 über einen Fall entschieden, in dem der Vermieter dem Mieter eine längere Frist bis zum Eintritt der Mieterhöhung eingeräumt hatte. Der Vermieter hatte die Mieter mit einem Schreiben vom 7. Januar aufgefordert, einer Mieterhöhung ab dem 1. August zuzustimmen. Die vom Gesetz vorgesehene Frist, einer Mieterhöhung ab dem 1. April zuzustimmen, war damit vom Vermieter deutlich verlängert worden. Der Mieter hatte deshalb geltend gemacht, dass das Mieterhöhungsverlangen insgesamt unwirksam sei, weil es von den durch das Gesetz vorgegebenen Fristen abwich.
Dieser Ansicht ist der BGH nicht gefolgt. Er hat ein Mieterhöhungsverlangen auch dann als wirksam angesehen, wenn es die erhöhte Miete für einen späteren Zeitpunkt fordert, als er im Gesetz vorgesehen ist.
Allerdings wurde auch die Kündigungsfrist für den Mieter verlängert. Er kann vor dem Stichtag, zu dem die Mieterhöhung eintreten soll, hier also bis zum 31. Juli, die Kündigung erklären. Die Kündigungsfrist beträgt dann wieder zwei Monate, sodass das Mietverhältnis zum 30.September beendet ist. Erklärt der Mieter fristgerecht die Kündigung, muss er in diesen zwei Monaten keine erhöhte Miete bezahlen.